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Ligurien

…. Über den Dächern Genuas.
Guiseppes Terrasse mit all ihren Blumen lässt ahnen das mein Gastgeber Gärtner ist. Extra zwei Tage hat er sich für mich freigenommen.
Genua, darüber gibt es viel zu sagen: Italiens größter Hafen, eine riesengroße Altstadt wie ich sie noch nie gesehen hatte, viel Enge, da die Stadt wegen der Berge Landeinwärts nicht wachsen konnte; fast 600.000 Menschen drängen sich hier, und überhaupt ist die ganze Küste Liguriens sehr, sehr überfüllt.
Die Preise hier gleichen denen in Frankreich, ein kleines Bier für vier Euro, ein Espresso für 1, 50 oder die traditionelle “Pasta Genovese” für 10.
Überhaupt, wenn das Kleingeld, und noch wichtiger, das “große Geld” stimmt, kann man hier sowas von genial speisen, …. auch wenn die frechen Preise einem nach dem Mahl die Tränen in die Augen treiben. Wer es sich leisten kann, hat hier eine sehr kalorienreiche Zeit …
Außerdem, das Pesto Genovese dürfte auch bei uns recht bekannt sein, dank Barillas Fertigsoßen steht sie als grünes Pesto überall in den Regalen unserer Supermärkte. Auf Basis von Olivenöl und Pinienkernen, sowie viel Basilikum (daher die Farbe) hat Genua sein Ligurisches Nationalgericht weltweit bekannt gemacht.
Genova (Genua) - Ligurien -
Bei all dem Theater lasse ich aber nicht die Gegend aus dem Blick, Italien, ein weiteres “Schwerpunktland” auf meiner “Via Terrestris”, hat mit seinen 20 verschieden Regionen sehr viel zu bieten; wieder eine Welt für sich in der ich nun einkehre.
Der Zug dümpelt entlang der Küste an der es keinen einzigen Meter unbebautes Land mehr zu geben scheint; Ligurien ist wie ein langer Landstreifen gut 200 km ausgestreckt, jedoch kaum weit ins Inland reichend, was ich noch von damals kenne, als mich Georg nach Borgomaro einlud, einem Bergdorf hinter Imperia und ich viel mit ihm in den Bergen auf Wanderschaft war.
Auch Genua kenne ich noch aus dieser Zeit und somit bin ich jetzt zum zweiten male hier, stämme den halb zerlegten Wanderwagen aus dem alten, engen Zug …
Mit Guiseppe treffe ich heute den Gastgeber für Genua, der mich im Kontaktnetzwerk “Planet Romeo” fand, spricht mich zum verabredeten Zeitpunkt am Hafen an und ich wende mich ab, upps.. habe ihn wohl nicht erkannt … “ hey, ich bin’s doch, Guiseppe…”
Herjee, jaja, sorry … mittlerweile hatten mich schon vier Bettler angesprochen und echt genervt.
Guiseppe war erstaunt: “Sehe ich wie ein Bettler aus?”
- Durchaus nicht, längst sind nicht alle Bettler mehr zerlumpt, sondern betrieben ihren “Job”, -wie man es mittlerweile schon nennen kann, recht professionell. Besonders hier in den Hafenstädten längs der Europäischen Südküste explodierte die Anzahl der nach Almosen flehenden Gestalten, - zu oft aber eben auch von einer “Bettelmafia” organisiert und gezwungen.
Guiseppe, findet das witzig, ganz gemäß seiner freundlich, offenen Art, und führt uns durch das anschließende Gassengewirr von Europas größter Altstadt; Genua war schon immer der ganz große Hafen der Region und darüber hinaus. Mit einem großen Hinterland wo Millionenstädte wie Turin oder Milano liegen, dient Genua seit je her als Hafen, was der Stadt entsprechend Reichtum und Größe vermacht hatte.
Und noch heute ist der größte Hafen Italiens ein Einfallstor, allerdings für Einwanderer vor allem aus Afrika. Oh mann, wie ähnlich doch das Bild mit Marseille ausschaut; Araber und Schwarzafrikaner überall….. ich lasse mich treiben in diesem internationalen Durcheinander durch so enge, verwinkelte Gassen, tief wie Canyons und voller Leben. Eine davon ist die Via Maddalena, in der (dem Namen wohl ganz zufällig) total viele heftige Damen ihre offensichtlichen Dinste anbieten, ich bin etwas aufgeregt, kann aber dann in einer der hölzerner Türen entschwinden, trage mein exorbitantes Gepäck satte fünf Stockwerke durch einen gerade mal einen Meter breiten (mittelalterlichen) Treppenhaus hinauf; wie alle Häuser sind die Gemäuer hier über 300 Jahre alt. Ich stöhne unter der Last und erreiche eine tolle WG mit fantastischer Terrasse, hoch über den Dächern dieser wunderbaren Stadt.
Ich bin wieder in Genua …
Leider verbringe ich den nächste Tag hauptsächlich mit der Organisation zur meiner Befreiung vom Wanderwagen, ich könnte jetzt hunderte von Zeilen schreiben über all das Gezeter und Unmöglichkeiten, von der Italienischen Bahn bis hin zur Post …
Doch zuletzt, - allerdings wieder einen Tag später, habe ich ihn geschafft: Der Wagen ist endlich, endlich nach unglaublichen Prozedere auf dem Weg nach Recklinghausen, meiner Heimat wo ich in einigen Wochen bald zum “Urlaub” eintreffe.
Jetzt bin ich frei, habe den großen Rucksack (den ich ja immer vollgepackt im Wanderwagen mitführte) total voll gestopft, einige aber momentan nicht wichtige Dinge, wie mein “Polar-Schlafsack”, sowie die Daunenmatratze zum Aufpumpen und weiteres Kleinzeug im Wagen eingepackt und abgeschickt.
Schwerer Last auf den Schultern tragend, aber einfach frei, ziehe ich bald weiter, diesmal ins Landesinnere, nach Torino (Turin)…
Drei volle Tage werde ich dann dort bei Daniela und Fabrizio verbringen
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