}

                              ...Wanderleben...

                                         ... auf dem längsten Weg der Welt ...

Besucher

Besucherzaehler 

Stand:
25.11.2015

 ... 5250 Kilometer auf dem Jakobsweg ...

                        Bilder Jakobsweg                          Video Jakobsweg
 

...Der Start... (Deutscher Weg)

Jakobsweg01

 

 


Start am 18. März 2012,
vor meiner Heimatkirche
in Recklinghausen Süd. (NRW)
 

 

 


 

Es ist der 18. März, jener Tag auf den ich schon so lange gewartet habe. Der Tag, an dem ich starte. Mein Wanderleben beginne. Das sind meine Erinnerungen, mittlerweile über vier Wochen zurückliegend und irgendwie noch so frisch als sei es von gestern, anderseits so fern wie vor drei Monaten... Viele Eindrücke wirken eben vielfach. So fühle ich mich jetzt, hier in der ältesten Stadt unseres schönen Landes. Hier in Trier an der Mosel, wo ich nun meine erste "Großetappe" des Jakobwegs, nach 450 Kilometer in 21 Tagen gegangen bin. Hier bei einem guten Freund mache ich nun Pause und schaue zurück; keine Schmerzen (nur eine leichte Entzündung der Achillessehne) keine Blasen an den Füßen, keine sonstigen Beschwerden und ja, fast immer schönes Wetter unterwegs. Diese erste Etappe war sehr wichtig, weil hier sich zeigen sollte, ob ich und mein spezieller "Wanderwagen" überhaupt so funktionieren, wie es nötig ist. Und das Resultat: Es klappte wunderbar.  
 

Jakobsweg02

 

 

Der Jakobsweg führt entlang
der Ruhr nach Essen
 

 

 

 

 

Als ich Recklinghausen zusammen mit meiner Mutter Richtung Herne verlassen habe, war Bochum mein erstes Tagesziel. Die Mama wollte noch mitkommen und die Abschiedsprozedur somit leichter machen. Wir sind 20 Kilometer miteinander gegangen und es funktionierte; die Stimmung wurde heiterer und der Weg, der Wanderwagen sowie meine erste Gastgeberin in Bochum-Süd sorgten für Ablenkung. Als Mama dann erkannte, wie gut es mir bei den "fremden" Leuten, die ich im  Gastfreundschaftsnetzwerk "Couchsurfing" gefunden hatte, erging, zerstreuten sich ihre Bedenken. Der Abschied von der Mutter war dann auch gar nicht mehr schlimm. Insgesamt habe ich den Jakobsweg von Recklinghausen nach Santiago de Compostela - und wieder zurück - in sieben Großetappen unterteilt. Über 5500 Kilometer in acht Monaten und die erste ist nun geschafft. Mann, das sind ja noch nicht einmal 10% des gesamten Weges, aber das ist auch gut so und freue mich über dieses Gefühl von Endlosigkeit. Von Bochum bin ich dann entlang der Ruhr über Essen-Süd nach Wuppertal gewandert. Schon hier gibt es eine etablierte Wanderroute des Jakobwegs, der  Westfälisch-Rheinischer Jakobsweg" heißt und von Paderborn nach Aachen führt. Von Wuppertal führt der Weg durch wunderschöne Hügellandschaften mit Wäldern und Feldern - in meinem Fall immer begleitet von beständigem Sonnenschein des Vorfrühlings - über Remscheid nach Wermelskirchen, wo der Jakobsweg sogar markiert ist. (Das Zeichen der Jakobsmuschel.)
 

Jakobsweg03

 

 

 


...Im Wald hinter Wuppertal.
Es war noch eiskalt, aber sonnig.

 

 

 

 

 

Über Altenburg, mit seinem imposanten Dom, war ich gleich zum nächsten gekommen, dem Kölner Dom. In Köln verblieb ich dann zwei Tage zum Ausruhen, fand dort zwei Gastgeber, die mich aufnahmen und freute mich noch über den spontanen Besuch meiner Eltern, die mir meine alten, völlig ausgelatschten Wanderschuhe mitgebracht hatten, da sich meine Achillessehne am rechten Unterbein zu entzünden drohte; Alarmstufe "fast-rot"... aber ich konnte durch meine alten, weichen Schuhe nach wenigen Tagen  wieder schmerzfrei wandern.

Jakobsweg04

 

 

 

Der Wanderwagen;
beladen mit 35 Kilo Gepäck!

 

 

 

 

 

Köln verließ ich in Richtung Westen und hatte in Kerpen mitten auf dem feudalen Schlossgelände von Burg Berghausen mein Zelt aufschlagen dürfen. Ich hatte dort an der Tür geklingelt und nach einem Stück Wiese irgendwo um die Schlossanlage gefragt und konnte gleich mittendrin campieren. Einfach toll. Danach führte mich der Jakobsweg über Düren nach Aachen, wo ich schon mit meinem lieben Freund Georg verabredet war. Georg ist 61, hat Theologie studiert und ist Musiker. kennen gelernt habe ich ihn ein Jahr zuvor  auf dem spanischen Jakobsweg. In Aachen hielten wir uns nun einen vollen Tag auf, um anschließend quer durch die Eifel nach Trier zu wandern. Von Aachen nach Trier gibt es eigentlich keine bekannte Jakobsroute. Zwischen Köln und Trier aber sehr wohl, die "Via Colonensis", auf der wir dann gemeinsam auf der Höhe Blankenheim  gestoßen sind. Der Jakobsweg ist letztendlich immer dort, wo man ihn geht. Nur nach Santiago soll er führen, was die einzige wirklich feste Größe dieses Weges ist. Ob in Etappen über verschiedene Zeiträume oder auf einen selbst gewählten, eigenen Weg, der abseits der etablierten Pilgerrouten liegt ist Wurscht. Es ist eine Herzensangelegenheit ohne starre Regeln.
 

Jakobsweg05

 

 

 

Einfach war der Weg durch die Eifel nicht.
Aber kein Berg hielt mich auf...

 

 

 

 

 

Die Eifel, das Mittelgebirge zwischen Aachen, Köln und Mosel, ist ohnehin eines der führenden Wandergebiete in Deutschland. Hier konnte ich auch die Grenzen meines zwar schweren, aber leicht zu führenden Wanderwagens erkennen; über Stock und Stein, steile, felsige Waldwege mit holperigen Wurzeln oder Schlammlöchern (Das Wetter wurde feuchter...) erschweren das Fortkommen zwar erheblich, aber dennoch musste ich nirgendwo aufgeben und woanders weiterkommen. Es hat immer geklappt und es ging zuverlässig weiter. Von Blankenheim sind wir weiter ins idyllische Kronenburg gewandert, wo ich nun nach 350 Kilometern mein Bundesland NRW verlasse.
 

Jakobsweg06

 

 

 

Pause auf der grünen Wiese mit Paul,
meinem treuen Begleiter.

 

 

 

 

Prüm, Waxweiler und Mettendorf sind zwischen herrlichen Wäldern, Weiden und Wiesenlandschaften in sanften Hügeln gelegen, durch die uns der Jakobsweg anschließend führte. Dann über sehr steile Abstiege, vorbei an scharfen Felsen, weist der Weg nach Echternach, was schon in Luxemburg liegt. Dort, in der ältesten Stadt des Großherzogtums Luxemburg, gibt es die bekannte Basilika von Echternach zu bestaunen, und wir bereiteten uns vor auf die letzte Tagesetappe nach Trier, der ältesten Stadt Deutschlands.

Hier in Trier angekommen, am Ostersonntag, ruhe ich mich nun seit fünf Tagen aus, habe meinen Stempel  vom Trierer Dom als auch der St. Matthiaskathedrale in meinen Pilgerausweis bekommen, wie ich diese auch schon vom Kölner und Aachener Dom zuvor hatte. Heute gehen wir noch zum Abschied in der Altstadt römisch essen. Da Trier ja vor 2038 Jahren von den Römern gegründet wurde, finden wir das ganz authentisch. Zudem ist hier viel los zurzeit, da im Trierer Dom der "Heilige Rock "ausgestellt ist, der Überlieferung nach das Gewand Jesu. Morgen geht's wieder weiter: Großetappe Nummer zwei, 845 Kilometer nach Le Puy ins Zentralmassiv.Ich freue mich auf Frankreich.

...Die harten Zeiten... (Nordostfrankreich)

Jakobsweg07

 

 

 

 

Mein Zeltlager im tiefen Busch bei Frost
in der Lorraine (Frankreich) Hier machten
mir auch die Wildschweine zu schaffen...


 

 


 

Nun sitze ich hier  und habe meine ersten 1000 Kilometer zu Fuß vollendet, hier in Pommiers, einem kleinen Ort ca. 80 km westlich von Lyon. Es ist (mal wieder) Zwangspause, mein permanenter, wenn auch unerwünschter Begleiter, der Regen, treibt mich auf diesen langweiligen Campingplatz tief in der französischen Provinz, und ich nutze die Zeit zum Schreiben - und zum Schlafen. Insgesamt geht es hier auf dem Jakobsweg in Frankreich besser als ich vorher gedacht hatte. Die Landschaft ist herrlich, die Gesundheit robust und vor allem, ja vor allem die Menschen hier sind unglaublich freundlich und hilfsbereit.

Nur mit der Natur des Landes sieht es ganz anders aus. Als ich kurz hinter der Grenze mein Lager aufschlug, um im Schutz des Waldes die Nacht zu verbringen, machte ich erstmals Bekanntschaft mit den überreichen Wildbeständen unseres schönen Nachbarlandes. Insgesamt viermal hatte ich hier in Frankreich im Wald gezeltet und jedes Mal richtig Ärger (nein nicht mit der Polizei - freies Zelten ist in Frankreich eigentlich verboten) mit Wildschweinen gehabt, bis sogar eines versuchte, in mein Zelt einzudringen und ich nur noch mit dem Pfefferspray Abhilfe fand. - Und das alles bei Regen um Mitternacht!
 

Jakobsweg08

 

 

 

Kalte Küche am Zelt, aber einfach lecker;
Taboule, Käse; Baguette und Wein.

 

 

 

 


 

Weiterhin hat der unablässige Niederschlag dafür gesorgt, dass mein Zelt sowie sämtliche Kleidungsstücke ständig nass waren. Deshalb musste ich manchmal auch in vergleichsweise teure Hotels und kam von der eigentlichen Wanderroute des ausgeschilderten Jakobsweges ab. Die Wanderwege, oft durch Wald und Feld führend, sind bei diesem Wetter vermatscht und somit schwer zu gehen. Deshalb fand ich oft den Weg parallel auf den kleinen Dorfstraßen, wo ich leichten Fußes dem kalten Wind und Regen trotzte.

Dieser Weg führte mich von Trier über Luxemburg nach Metz, wo Frankreich noch ein klein bisschen deutsch ist. Über Nancy, Toul und Neufchâteau (hier war des Wetter am schlimmsten) brachte mich der Jakobsweg nach Langres in die Champagne, wo mich mein lieber Freund Georg aus Trier besuchte.
 

Jakobsweg08a

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ein Glück, der Wegweiser
zeigte mir den richtigen
Pfad in den tiefen Wäldern Frankreichs.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das Wetter besserte sich, und es wurde endlich wärmer. Ich schlug mich nach Dijon durch. Später kam ich dann weiter südlich in die ersten großen Weinbaugebiete meiner langen Reise, erreichte bei Sonnenschein das berühmte Christencamp Taizé, von wo aus ich den Jakobsweg über Roanne etwas abgekürzt habe. Zwischendurch habe ich vor allem auf Bauernhöfen in meinem Zelt übernachtet, das ist kostenlos und interessanter als auf den Campingplätzen, sowie bei vielen freundlichen Menschen hier in Gärten oder auch im Haus. Ich frage einfach und bekomme fast immer Zuspruch - auch ohne französisch zu können.
 

Jakobsweg09

 

 

 

 

Aber auch süße Erlebnisse bietet der Weg:
Frankreich verwöhnt kulinarisch vom feinsten,
....wenn das Kleingeld stimmt...

 

 

 

 

Manchmal ist es aber schwer, die richtigen Leute am richtigen Ort zu finden. Die Höfe sind oft unzugänglich oder ich finde dort niemanden. Privathäuser empfangen mich gern mit großen lauten Hunden... Da suche ich eine Weile nach einem Gastgeber, und das kann schon zeitaufwändig sein.

So ziehe ich durch dieses weite, große Land dem Süden entgegen, immer noch auf der Suche nach der Sonne, aber mitten im Glück, in der Ferne zu sein, dem Glück, immer unterwegs zu sein.

Mir geht es gut und dem Wanderwagen, der schwer an seiner Last trägt, auch. In wenigen Tagen geht es dann hinter Le Puy weiter Richtung Westen, ca. 500 Kilometer hin zur spanischen Grenze. Ob dort der Himmel endlich klar ist?

Ich grüße Euch und denke viel an meine Heimat Recklinghausen, hier und jetzt bei französischem Ziegenkäse und Rotwein in meinem Zelt im Dorf Pommiers.

 ...Gemeinsam auf dem Weg... (Frankreich)

Die Zeiten bessern sich deutlich. Das allgegenwärtige Regenwetter war nun endlich vorüber. Den nassen Campingplatz von Pommiers verließ ich Richtung Sonnenschein - und in Begleitung!
 

Jakobsweg10

 

 

 

 

 

Endlich nicht mehr allein; der Jakobsweg
führt uns Wanderer zusammen. Auf gehts
ins Abenteuer...

 

 

 

Der Jakobsweg ist im Großen und Ganzen eine recht einsame Sache, die unendlichen Weiten, diese Stille auf Schritt und Tritt. Die eigenen Gedanken - als einzige Begleiter - vermitteln ein gewisses Gefühl von "einheitlicher Zweisamkeit". Die Welt zieht in einer menschlichen Langsamkeit vorüber, die mir erst einmal klar macht, wie groß und weit diese ist. Eine Welt, die wir heute mir Autobahnen vernetzen und in Bonusmeilen hoch über den Wolken vermessen...

Hier fand ich nun, in meiner Welt von vier Stundenkilometern zu Fuß, meine künftigen Wegbegleiter, die im selben Tempo auch nach Santiago de Compostela wollen. Und so sind wir zu viert! Cis, eine hellblonde, kurzhaarige Holländerin, die aus Utrecht gestartet ist, Frank, ein Lebenskünstler und Weltreisender aus Köln, und Nico, der Vegetarier aus Freiburg, fanden sich alle schon vor mir auf dem Wanderpfad, und so schloss ich mich der Gruppe an, um das Abenteuer nun gemeinsam zu versuchen.

Wir zogen nach Süden, schafften die 35 km nach Montbrison, wo es für uns einen Pilgerempfang der dortigen Kirchengemeinde gab. Welch freundliche Leute hier! Es gab kräftigen Käse, Gesang und eine kostenlose Unterkunft im Gemeindesaal. Wir alle sind ja gut gerüstet mit Schlafsäcken, Liegematten und Zelten, so dass wir am nächsten Tag, an dem es 25 km weiter in den tiefen Wald ging, dort ein Camp aufschlugen.
 

Jakobsweg11

 

 

 

 

 

Unser Zeltlager in der Wildnis...
zusammen fühlen wir uns sicher.

 

 

 

 

Einfach herrlich, diese lauschige, warme Nacht unter rauschenden Tannen. Ich fühlte mich wirklich wohl jetzt hier in dieser Gemeinschaft, die der Jakobsweg auf all seinen Windungen zusammengeführt hat... Nach einigen Tagen dann erreichten wir das nächste große Ziel: Le-Puy-en-Velay, mitten im französischen Zentralmassiv gelegen. Und das bedeutete nun das Ende der Großetappe Trier - Le Puy, die für sich allein 845 km lang ist. Hier verbrachten wir die zwei Tage Aufenthalt in einem "Donativo", einer Herberge mit Schlafsälen extra für Jakobspilger, wo die Bezahlung in Form einer freiwilligen Spende verrichtet wird. Aber der Weg ist noch lang. Sehr lang: Die "Via Podiensis" ist ein über 700 km langes Teilstück des französischen Jakobsweges. Sie führt Richtung Westen, über das raue Hochland des Aubrac. Hier durften wir unerwartet die härtesten zwei Wandertage erleben: Starkregen ohne Ende und eiskalter Wind schlugen uns hart entgegen. Völlig durchnässt (trotz Regenbekleidung) hielten wir durch, verloren aber Nico, der noch viel schneller war und uns davonlief...

Jakobsweg12

 

 

 


Dauerregen und Eiseskälte bestimmten den
langen Weg durch den Aubrac, einer rauen
Hochlandregion im Zentrum Frankreichs.

 

 

 

 

Jakobsweg13

 

 

 

 

Endlich schönes Wetter; da ist ein
Bad im Fluss auch viel angenehmer.

 

 

 

 

Dennoch änderte sich alles schnell: in drei Stunden stiegen wir fast 1000 Höhenmeter hinab, erreichten das wunderschöne, mittelalterliche Dorf St.-Côme-d'Olt und versuchten uns zu erholen. Leider hatte ich mich aber schlimm erkältet, schleppte mich mit den anderen weiter über wunderschöne Pfade durch liebliches Weideland, und fanden spät abends, nach ca. 30 bis 40 km Fußmarsch, einen Schlafplatz. Ich erholte mich wegen der Anstrengung zwar nur langsam, kam aber dennoch gut voran und vergesse nie, dieses herrliche Land entlang des Weges zu bewundern. Wir erreichten Decazeville, und mussten uns nun auch von unseren lieb gewonnenen Weggefährtin Cis verabschieden. Sie möchte langsamer gehen und irgendwie auch wieder allein sein. Ich verstand das, konnte aber dennoch die Tränen des Abschied nicht zurückhalten. Zu weit sind wir gemeinsam diesen Weg gegangen...

Jetzt, eine Woche später (2. Juni 2012) sitze ich mit Frank in Condom, einer Kleinstadt mit diesem lustigen Namen und schauen auf spannende Tage zurück. Noch 200 km und wir erreichen Saint-Jean-Pied-de-Port, dem nächsten Ziel dieser Großetappe und dem Tor zum Paradies: Denn dann erreiche ich endlich Spanien.

 
...Der alte Jakobsweg verliert an Charme...
(Spanien)

Jakobsweg14

 

 

 

 

Endlich in Spanien, dessen Landschaften so
anders sind als jene in Frankreich; ein raues,
schönes Land...


 

 

 

Liebe Grüße aus dem sonnigen Spanien... obgleich auch hier das Wetter nicht immer so sommerlich aussieht, wie man es für Spanien glauben mag. Ab und zu ist es wolkig mit sanften Einlagen milden Sommerregens. Doch schnell ist die Sonne wieder da und dann bin wirklich froh, hier zu sein, da ja das, was man Sommer nennt, in der lieben Heimat wohl dieses Jahr auszufallen scheint.... Aber ich schicke euch Sonne, Sonne vom spanischen Jakobsweg. Heute am 21. Juni, einen Tag vor meinem 34. Geburtstag, bin ich schon 96 Tage auf Wanderschaft, habe über 2100 Kilometer geschafft und somit 2,5 Millionen Schritte auf den Sohlen, die wohl die nächsten 500 Kilometer bis Santiago noch aushalten werden. Dann schaue ich mal, wo es neue Schuhe gibt, die mich zurück nach Recklinghausen bringen ...

Jakobsweg15

 

 

 

 

"Nur" noch 790 Kilometer und Santiago,
das große Ziel des Jakobsweges ist erreicht...

 

 

 

 

Jakobsweg16

 

 

 

 

Auch über die Pyrenäen, dem
Hochgebirge zwischen Frankreich
und Spanien, schaffte ich meinen
Wanderwagen über Stock und Stein.

 

 

 

 

Der Weg ist ja noch sooo weit. Nun aber pausiere ich mit meinem Weggefährten Frank (den ich, wie schon berichtet, gut 1000 km zuvor in Frankreich traf) in Burgos, einer großen Stadt: typisch spanisch, laut, viel Verkehr, Hochhäuser und mit der schönsten Kathedrale des gesamten Jakobsweges. Mit diesem Bauwerk kann in seiner Fülle, Schönheit und Perfektion wohl nur der Dom zu Aachen mithalten, ja Aachen, das ich vor Monaten auf diesem wundervollen Weg durchwandert habe, um dann die gewaltigen Weiten Frankreichs zu bezwingen, bis ich endlich weit in der Ferne die Gipfel der Pyrenäen sah, auf deren Höhe sich die Grenze zu Spanien befindet.
 

Jakobsweg17

 

 

 

In Spanien kommt man nicht so
leicht vom Weg ab; Paul schaut
nach dem Rechten...

 

 

 

 

 

Den Pass  auf 1400 Metern erkämpfte ich mit Mühe, schob mein Gepäck durch die kalte Höhenluft, trank das saubere Wasser der kargen Berge und erreichte die gigantische Festung Roncesvalles, eine 700 Jahre alte Abtei. Hier finden Hunderte von Jakobspilger täglich ein Nachtquartier. Weiter ging es durch die Berge und Wälder von Navarra, der stolzen Provinz in Spaniens Nordosten. Deren  Hauptstadt Pamplona ist bekannt für seine alljährliche Stierhatz. Am weiteren  Weg sprudelt aus einem Brunnen der köstliche Irache, ein kräftiger Rotwein, um den müden Pilger zu erfrischen. Leider brach bald unter der unaufhörlichen Belastung meinem Wanderwagen ein Rad ab. Findige Mechaniker konnten glücklicherweise schnell den Schaden beheben, ohne eine Gegenleistung zu verlangen! Welch ein sympathisches Land!
 

Jakobsweg18

 

 

 

 

Typische Landschaft der Region Navarra
und weiten Teilen des spanischen Weges;
Weiten, Weizen und einsame Bäume...

 

 

 

 

La Rioja heißt die nächste Provinz. Sie ist ein Meer aus Weinreben, das bedeutendste Weinbaugebiet Spaniens. Der Jakobsweg führt hier über sanfte Hügel immer Richtung Westen, ist gut ausgebaut und sehr gut besucht; tausende Wanderer sorgen - zumindest hier in Spanien - dafür, dass es nie wirklich einsam wird. Der spanische Jakobsweg ist auf seinen 800 km schon längst nicht mehr ein Ort besinnlicher Einsamkeit auf unendlichen Weiten. Er ist vielmehr ein soziales Abenteuer voller Begegnungen, eine Art Völkerwanderung von Aussteigern auf Zeit, die Abstand vom alltäglichen Zuhause suchen. Ein Traum, dem immer mehr folgen. So viele mittlerweile, dass er schon zum Trend zu entfremden droht. Aus Pilgern werden mehr und mehr Touristen, die mit ihrem Geld den alten Weg mit seiner gelebten Tradition der Einfachheit und Anspruchslosigkeit und der Verwiesenheit auf christliche Nächstenliebe überschwemmen.
 

Jakobsweg19

 

 

 

 

Spanien und seine herrlichen Biere...
überall am Weg gibts gut & günstig
die herben Erfrischungen
.

 

 

 

 

Jakobsweg20

 

 

 

 

 

Was für ein schöner Weg.
Duftende Blumen überall ...

 

 


 

Auch wenn es für den armen Norden Spaniens eine Chance ist, wirtschaftlich zu überleben, verliert der alte Jakobsweg so seinen Charme. Die vielen immer zahlreicher werdenden Herbergen und die betonierten Wanderwege, Souvenirstände und Eintrittspreise schaffen ein komfortables Flair touristischen Wohlbehagens. Und dennoch, ich fühle ihn noch, den alten Weg. Laufe seit Tagen durch diese wunderschöne Landschaft der Castilla, dem eigentlichen Herzland Spaniens, sehe genau hin und dann spüre ich ihn wieder: Den Zauber des Jakobsweges.
.Jakobsweg22

 

 

 

 

Burgos hat mich unglaublich beeindruckt.
Dessen Kathedrale sogar noch mehr als in Santiago.

 

 

 

 An die Stadt Burgos, deren monumentale Kirche mich sogar mehr beeindruckt hat als jene in Santiago.

Ich dachte an das Dörfchen Hontanas, wo ich still und heimlich meinen 34. Geburtstag feierte, dort, wo die unendlich weite, flache Meseta anfängt mit ihren so langen Pfaden durchs ausgedörrte, seltsam schöne Land.

In Leon dann, der langersehnten Großstadt inmitten dieser Weiten, verlor ich meinen Weggefährten Frank bei einer nächtlichen Zechtour aus den Augen und traf ihn erst 400 Kilometer weiter, am Strand wieder.

Sogar krank wurde ich, als hinter Leon schlechtes Brunnenwasser mir gründlich den Magen verdarb. Zwei Tage musste ich pausieren.
 

Jakobsweg23

 

 

 

 

Paul ist immer dabei. Hilft mir den Weg zu
finden und enteckt so manches..


 

 

 

Ich denke an Estefano, der mich ins Aussteigerdorf Matavenero einlud. Tief in den wilden Bergen Ost-Kastilliens blieb ich auch über Nacht.

Am Cruz de Ferro, einen Ort, an dem Jakobspilger seit 1000 Jahren einen Stein ablegen. Mittlerweile ist hier ein Berg über 15 Meter hoher Berg entstanden Auf all diesen Wegen mit vielen Abenteuern war ich nie allein: Entweder ging oder saß ich mit anderen Wanderern zusammen oder freute mich über Paul, meinem ständigen Begleiter, den ich noch gar nicht vorgestellt habe: Paul ist ein Kissen, das wie ein riesiger Marienkäfer aussieht. Ich sollte eigentlich darauf schlafen. Allerdings: Nachdem ich nur zweimal meinen Kopf auf Paul ablegte, schauten mich seine treuen Augen dermaßen eindrücklich an, dass ich erkannte: Du bist mehr als nur ein Kissen, mit Dir möchte ich nun diesen Weg schaffen. Du gibst mir irgendwie Kraft und Zuversicht.

..Zur Hälfte angekommen... (Spanien -Santiago-)

Jakobsweg-Pilger Jens Kwass hat Santiago de Compostela erreicht.

"Ultreia!" - das ist der traditionelle Gruß für Pilger, die fern der Heimat den weiten Weg gehen. "Ultreia" heißt so viel wie "ankommen". Ja, angekommen bin ich nun auch, hier und jetzt am "Ende der Welt" am Kap Finisterre, 93 Kilometer hinter Santiago, 2700 Kilometer von Recklinghausen entfernt. Hier, an dieser Stelle, einer Landzunge, die weit ins Meer ragt, endet der Jakobsweg endgültig.

Im Mittelalter glaubte man, am westlichsten Punkt Europas das Ende der Welt zu erblicken. Mittlerweile hat sich das Ganze "etwas" geändert, denn weiter westlich wurde Amerika entdeckt.

Aber dennoch spürte auch ich diesen unwiderstehlichen Reiz, nach all den Monaten der Wanderung übers endlos weite Land das Meer zu sehen.

Da bin ich nun angekommen.

Das Wichtigste aber war Santiago, der Ort, wo der Legende nach vor 1200 Jahren das Grab des Apostels Jakobus gefunden wurde. Hier blieb ich drei Tage, bekam meine Pilgerurkunde und traf viele Bekanntschaften des Weges wieder, meist in der wundervollen großen Kathedrale, wo sich die ganze Welt trifft. Die Umarmung des goldenen Jakobus - das Zentrum dieser Kirche - bedeutet die geistige Vollendung des Jakobsweges. In Santiago anzukommen, ist schon ein unglaubliches Gefühl. Ich saß vor der großen Kathedrale auf diesen Platz und erinnerte mich an vergangene Tage...

Jakobsweg24

 

 

 


Santiago ! Ich bin endlich in Santiago. Allerdings
endet hier nicht mein Weg; es ist erst Halbzeit.


 

 

 

Auch in Santiago de Compostela, auf dem großen Platz vor dieser mächtigen Kirche, wo alle glücklich und traurig zugleich sind. Glücklich doch endlich angekommen zu sein, aber auch traurig, da alles einfach vorbei ist. Vorbei das Abenteuer Jakobsweg.
 

Jakobsweg25

 

 

 

Am Ende der Welt. Weiter nach Westen
gehts nicht mehr, der Jakobsweg trifft hier
in Finisterre aufs Meer


 

 

 

Nur einer auf diesem großen Platz mit seinen vielen Menschen macht dennoch weiter: Ich.

 Hier in Finisterre , wo die allerletzten Pilger den Jakobsweg beenden, habe ich erst Halbzeit und drehe nun Richtung Osten, entlang das spanischen Küstenwegs. Immer das Meer zu meiner Linken, 2600 Kilometer zurück nach Recklinghausen in der Heimat...  Das ist noch der Jakobsweg, so lange, bis die Haustür wieder erreicht ist. Auch wenn in der heutigen Zeit die Kultur des Zurückgehens fast vergessen scheint.

Ich schaue auf auf unsere Cent-Münzen; auf den spanischen Ein, Zwei und Fünf-Cent Münzen findet sich eine Ansicht der Kathedrale von Santiago. Wer etwas im Portemonnaie wühlt, findet bestimmt eine solche Münze und hegt beim Betrachten vielleicht auch mal den vorsichtigen Gedanken, diesen wundervollen Weg mit all seinen Abenteuern zu wagen ...

...Der Küstenweg... (Spanien)

"Bist du nicht der aus der Zeitung?" Extrem-Pilger Jens Kwass trifft auf dem Jakobsweg in Nordspanien auf Familie Wagner aus Suderwich

Seit März ist Jens Kwass auf "Schusters Rappen" unterwegs. Der Extremwanderer läuft auf dem Jakobsweg - und zwar hin und zurück. Für die Recklinghäuser Zeitung berichtet der 34-jährige von seinen Erlebnissen:
 

Jakobsweg26

 

 

 

 


Ich war selten allein. Mein Wanderwagen und Paul
zogen stets Gefolge an, was den Weg vor Santiago
sehr gesellig machte.

 

 


Nun ist es wieder an der Zeit, der lieben Heimat einen Bericht zu erstatten. Ein Lebenszeichen von einem der wohl längsten Jakobswege, der jemals versucht wurde. Jenseits von Santiago, dem großen Ziel. Nun bin ich auf dem Rückweg Richtung Osten. Wo ich die nächsten 850 Kilometer entlang der spanischen Küste, immer das Meer zu meiner Linken und die Berge der Cordillera Cantabrica zu meiner Rechten, entlangziehe. Jetzt weile ich in Irun, dem letzten spanischen Ort vor der Grenze Frankreichs, trinke in den Bars Rotwein und genieße das tolle Preis-Leistungs-Verhältnis dieses faszinierenden Landes, das ich die letzten drei Monate durchwandert habe. Aktuell ist es der Küstenweg ("Camino de la Costa"), der sogar noch älter ist als die allseits bekannte "Kerkeling-Route" im Landesinneren, die ich zuvor auch benutzte, um Santiago zu erreichen. 
 

Jakobsweg27

 

 

 

 

Mein Abendlicher Blick aus dem Zelt;
dazu Rotwein und Insalada Russa.
(Sonnenuntergang am Strand in Galizien)

 

 

 

Ich konnte Santiago  und Finisterre am Meer nach Norden verlassen, über kleine Landstraßen, vorbei an zauberhaften Stränden des tiefblauen Atlantiks, bis zur Großstadt A Coruña, wo mich Marcus empfangen hat, ein Bekannter aus dem Gastfreundschaftsnetz "Couch-Surfing". In seiner Wohnung in einem Hochhaus mit 20 Stockwerken - typisch für A Coruña - fand ich ein Quartier. Natürlich kostenlos. Danach wanderte ich den englischen Weg nach Ferrol. Wer aus England nach Santiago wollte, kam früher mit dem Schiff, um sich den weiten Weg durch das ungeliebte Frankreich zu sparen. Auch in Ferrol fand ich mit Alejandro einen tollen Gastgeber, der mich aufnahm. Selbst in Kleinstädten ist es üblich, dass gut 40 Prozent der Einwohner in fünf- bis zwölfstöckigen Gebäude wohnen, was wirklich auffällig ist.
 

Jakobsweg28

 

 

 

 

 

Wandern am Strand auf dem Küstenweg.
Die Sonne war heiß und die Tage lang.

 

 


So auch in Burela, einer kleinen Stadt voller Hochhäuser mit 9000 Einwohnern am Meer. Hier musste ich einen Notstopp einlegen, da ein heftiges Durchfallprobem immer schlimmer wurde. In der charmanten "Mison Pedra" bezog ich für kleines Geld ein schönes Zimmer, das Restaurant erinnerte mich sehr an ein Lokal in Recklinghausen-Süd (gemeint ist die "Taverne"). Der Durchfall war schnell weg, der Arzt sehr nett und ich wanderte weiter und erreichte Asturien. Eine Provinz, in der schon immer Bergbau betrieben wurde - das Ruhrgebiet Spaniens, wenn man so will.
 

Jakobsweg29

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Feierabend; erst am Abend nachdem gründlich
Kilometer gemacht sind,  kommt die Belohnung:
Rotwein, Steinstrand und traumhafte  Sonnenuntergänge...

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der Jakobsweg verläuft hier oft abseits der Küste, führt über steile Berge etwas weiter landeinwärts, was mir und meinem Wanderwagen sehr zu schaffen machte. Deshalb hielt ich es für legitim, über die Landstraßen zu wandern. Die nutzten auch die Wagners aus Suderwich, die zwar nicht als Jakobspilger, sondern als Reisende im Wohnmobil die Schönheiten Nordspaniens erkundeten und mich - ich mag es kaum glauben - zufällig getroffen haben. Dort erkannten sie mich, als ich mit meinem Reisekinderwagen den Straßenrand schmückte und gleichzeitig etwas ungläubig das Kennzeichen RE betrachtete. "Bist du nicht der aus der Zeitung?" Ich erkannte, dass ich schon eine, wenn auch nur kleine Berühmtheit geworden sein musste.
 

Jakobsweg30

 

 

 

 


Paul entdeckt Skulpturen wie diese am Strand
von Gijon, einer großen Stadt am
Nordspanischen Küstenweg

 

 


Mama und mein Lebensgefährte Georg-Edmond waren zu Besuch, während ich Santander erreichte. Für mich war das eine Art Urlaub, da nun für eine Woche kein Wandern, sondern mit dem Mietauto "Das Beste von Nordspanien" angesagt war - und das mit den mir wichtigsten Menschen überhaupt. Wir fuhren sogar bis ins 500 Kilometer weit gelegene Santiago, um es meiner Mutter zu zeigen, Anschließend besuchten wir Oviedo und Strände der Region, bis Mama wieder zurück musste und ich mit Georg ein paar Tage weitermachte. Der Abschied tat weh, Georg musste heim, wir sehen uns vielleicht in Paris.

Jetzt schaue ich mal wieder zurück, hier in Irun, vor der Grenze nach Frankreich, und bin unglaublich fasziniert von der letzten Etappe dieses Küstenweges im Baskenland. Dem nach Unabhängigkeit strebenden Landstrich im Nordosten Spaniens, wo der Küstenweg nach Santiago anfängt bzw. für mich aufhört. Dieses wilde, bergige Land mit seinen ruppigen, aber seltsam freundlichen Menschen und ihrer komischen, aber hochinteressanten Sprache, ist das Ende dieser wunderschönen Etappe längs des Meeres Nordspaniens. Dieses Baskenland ist etwas Besonderes. Es ist nicht mehr Spanien.

Noch 1570 Kilometer, dann bin ich wieder daheim.

...Für Heimweh bleibt keine Zeit...
(Frankreich - Bordeaux-Paris -)
 

Jakobsweg31

 

 

 

 

Wieder in Frankreich, wo ganze Pilgergruppen,
mich den Langzeitwanderer, in ihrer Mitte nahmen.

 

 



Einen lieben Gruß!  Oder „Bon Courage“, wie man hier in Frankreich sagt, wenn ein Jakobspilger durch die Lande zieht!

Mit Verspätung melde ich mich jetzt aus Lille, gar nicht mehr so weit weg von meinem großen Endziel, meiner Heimat.Santiago de Compostela ist nun 2000 km entfernt und nur noch 400 km, dann bin ich wieder da. Mittlerweile träume ich in den Nächten, oft im Zelt, in Gästezimmern oder in den Städten bei Gastgebern auf dem Sofa von Zuhause, was mir wie eine ferne Welt aus einem vorherigen Leben vorkommt; ich war noch nie so lange von Zuhause weg. Doch wirkliches Heimweh habe ich immer noch nicht. Irgendwie komme ich auch gar nicht dazu: Ständig fragen mich hier in Frankreich die Leute alles Mögliche, laden mich auf einen Kaffee ein oder gar in ihr Haus zum Übernachten. Was ist das für ein tolles, gastfreundliches Land!
 

Jakobsweg32

 

 

 

 

 

Tagelang wanderte ich durch solche Pinienwälder
im tiefen Südwesten Frankreichs.

 

 


Seit ich Irun, die letzte spanische (oder besser: baskische) Stadt vor der französischen Grenze verlassen hatte, bin ich auf die Hilfe privater Gastgeber angewiesen, da es hier in Frankreich nicht diese günstigen „Albergen“ gibt, wie die Pilgerherbergen mit Schlafsaal in Spanien genannt werden. Dank „Couchsurfing“, dem Gastfreundschaftsnetzwerk im Internet, fand ich in jeder Stadt auf dem so langen französischen Jakobsweg ein warmes, gemütliches Haus, wo ich willkommen war.
 

Jakobsweg33

 

 

 

 

 

Hunderte von Kilometer ging es durch
Westfrankreich, oft auf schmalen
Landstraßen bei schönen
Spätsommerwetter.

 

 


Frankreich hat vier historische Hauptrouten, die nach Spanien und somit nach Santiago führen. Für meinen Rückweg nach Deutschland habe ich die westlichste gewählt, die „Via Turonensis“, welchevon Paris über Tours (daher der Name) bis hin nach Spanien führt und größtenteils über sehr ruhige kleine Straßen verläuft. Während in Spanien ständig andere Jakobspilger anzutreffen sind, bin ich hier in Frankreich nur selten solchen begegnet; unendlich weite Landschaften tagein, tagaus prägen den Alltag des Fernwanderers auf den Wegen Frankreichs.
 

Jakobsweg34

 

 

 

 

 

Manchmal konnte ich in Hinterhöfen zelten und
war dort in Sicherheit.  Ansonsten fand ich in
Frankreich auch oft ein Gästebett im Haus.

 

 

 

Jakobsweg35

 

 

 

 

"Couchsurfen" in Paris, wo ich hier in einer
Privatwohnung (Montmatre)  für zwei Tage
aufgenommen wurde. Dort erholte ich mich
wunderbar.

 

 

 

Wenn ich mit offenen Augen wandere, entdecke und erfühle ich unzählig viele Schönheiten: in den tiefen Wäldern der Aquitaine (nahe Bordeaux) oder auf dem sanft gewellten, bunten Ackerland, das in der Ferne wie ein Flickenteppich aussieht. Alles kommt mir wie eine sich immer wiederholende Mahnung vor, die mir sagt, wie groß diese Welt ist und wie klein ich es bin, der mit schmerzendem Fuß dies alles zu bezwingen versucht. Mit Erfolg: Dank der Hilfe vieler so gastfreundlicher Franzosen wie Mme Marie aus Moustey, die mich zwei Tage in ihrer Villa aufnahm. Zuvor danke ich noch den Roma (auch bekannt unter der diskriminierenden Bezeichnung „Zigeuner“) für die geselligen Abende in den Wohnwagencamps von Bayonne. Dank an die Familie Le Pin mit ihrem „Garten“ so groß wie der Südpark in Recklinghausen, an Denis in Bordeaux, an Armand, dem Comiczeichner in Angoulème, an Aurélie in Poitiers, an Mélanie in Tours, Florian, dem Deutschen, in Blois, Cédric dem 2,07-Meter-Mann in Orléans, Pat und zahlreichen Kindern in Arteney, Pascal, ja ganz besonders meinem lieben Freund Pascal vom Montmartre in Paris und noch so vielen mehr … Auch die netten Bauern sind mir hier eine große Hilfe. Zwischen den Städten sind es oft zwei, drei Tagesmärsche, und ich brauche zum Abend einen sicheren Lagerplatz für das Zelt. Hier kann ich in den Wäldern, aber lieber bei den Bauern auf der Wiese übernachten. Geschützt vor Wildschwein und Co. lausche ich den Stimmen der Nacht und schlafe mit der Dämmerung des Abends ein … Ist das ein Leben wie Gott in „Frankreich“? Ganz gewiss nein. Ich esse oft kalte Küche aus den Supermärkten (wenn solche überhaupt auf dem Weg liegen) und trinke den Wein für drei Euro (alle zwei Tage)! Ich gehe nie in Hotels und trinke oft auch nur Leitungswasser.
 

Jakobsweg36

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Auch am Eifelturm vorbei ging mein Weg.
Nun war es schon Oktober und
Regenwetter stellte sich oft ein.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Auch beim Waschen meiner Wäsche bin ich auf das Entgegenkommen meiner Gastgeber angewiesen und selbst reinige ich mich mit allen nur möglichen Tricks des Überlebenskünstlers, und das sind mittlerweile einige. Ich achte sehr auf meine Pflege, da bei meiner Unternehmung nicht nur das eigene Wohlempfinden wichtig ist sondern auch das äußere Erscheinungsbild: Keiner wird mir helfen, wenn ich wie ein Obdachloser aussehe, wobei ich das eigentlich momentan bin …

All diese Härten auf diesem langen Weg machen das Wanderleben erst wirklich lebenswert; man muss sie nur beherrschen können, bescheiden sein, braucht noch nicht einmal überdurchschnittlich sportlich zu sein. Aber eines braucht man: Zeit. Zeit haben für Dinge, die wirklich gewollt sind.

..Mein Luxus heißt Zeit...
(Nordfrankreich - Belgien - Niederlande - Zuhause)

"Nico's Taverne" ist der Endpunkt seiner abenteuerlichen Pilgerreise auf dem Jakobsweg bis Santiago de Compostela - und zurück. Am 18. März war der Extrem-Wanderer an der Philipp-Nicolai-Kirche gestartet - sein ganzes Hab und Gut in einem Kinderwagen verstaut. Für die Recklinghäuser Zeitung berichtete Jens Kwass regelmäßig von seinen Erlebnissen.

 

Jakobsweg37

 

 

 

Der Weg durch Holland wo das Laub, was ich
einst vor Monaten auf dem selben Weg sprießen
sah, nun wieder von den Bäumen fällt.
 


 

 

 

 Bei Propst Jürgen Quante in St. Peter holte er sich gestern seinen letzten Pilgerstempel ab. Familienangehörige, allen voran Lebensgefährte Georg Weege und Mutter Heidi, begleiten den Recklinghäuser auf seiner letzten Etappe.

Glücklich und randvoll mit Eindrücken präsentiert der Jakobspilger seinen wichtigsten Weggefährten: Kuscheltier Paul, ein plüschiger Marienkäfer, habe ihm unterwegs so manche Tür geöffnet. "Alle sind bei seinem Anblick dahingeschmolzen, haben mich eingeladen oder einen Schlafplatz angeboten." Auch die Jakobsmuschel, das Symbol der Pilger, habe geholfen, Ängste vor dem Fremden, mutmaßlichen Obdachlosen, abzubauen. Die Hilfsbereitschaft unter den Wanderern sei ohnehin grandios. "Dieser Weg verbindet, obwohl er oft zu voll ist." Den Zauber des Jakobsweges habe er trotzdem gespürt, auf den einsamen Strecken, durch wunderschöne Landschaften, sagt Jens Kwass. Wenn er unterwegs ist, ist der glücklich. Das bescheidene Leben liegt ihm. "Mein Luxus heißt: Zeit haben."

Rund 15 Euro pro Tag, mehr gab das schmale Budget des Aussteigers, der zuletzt als Baumfäller und -pfleger gearbeitet hat, nicht her. Einige Spenden sind zwar eingegangen. Trotzdem: Nur wenn nichts mehr ging, leistete sich der 34-jährige ein Hotel. Mal setzte ihm Durchfall, mal eine starke Erkältung schachmatt. Richtig gefährlich wurde es nur einmal. Die Wildschweine, die in sein Zelt eindringen wollten, schlug er mit Pfefferspray in die Flucht.
 

Jakobsweg38

 

 

 

 

 

Eiseskälte und Raureif in Holland,
wo ich nun fast am Ende dieser
langen Wanderung angelangt bin
und dennoch warm und gemütlich in meinem Zelt  schlafe.

 

 

 

 

"Jens hat so sparsam gelebt. Er tat mir oft leid, aber ich konnte ja nichts tun", sagt Mutter Heidi mit Blick auf die bis aufs letzte Gummi abgelaufenen Schuhe. "Die sind jetzt durch. Kein Wunder, dass ich mir damit eine Rückennerventzündung eingefangen habe." Für die geplante Europa-Tour müssen neue Treter her. Drei Monate will er sich Zeit lassen, Vorträge halten, die Homepage aufarbeiten, ein Buch über seine Reise schreiben. Der Markt sei zwar übersättigt mit Pilgerbüchern, aber er habe schließlich einen der längsten Jakobswege absolviert. Und Jens Kwass hat eine besondere Botschaft: "Nehmt euch Zeit für den Rückweg. Auf diese Weise erhält das Ankommen eine ganz andere Dimension!"
 

Jakobsweg39

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

- Deutschland - nach fast acht Monaten
Wanderzeit und über 5150 Kilometern bin ich
wieder im Lande.

 


 

 

 

 

Jakobsweg40

Auf den letzten Metern dieses Jakobsweges war das Interesse groß;  Zeitung und Fernsehen verfolgten den letzten Eintrag eines  Gemeindestempels in mein Pilgerpass. Recklinghausen, die Stadt wo ich  geboren wurde, war Start und Ziel zugleich. Hier fand dieser Weg nun  endgültig sein Ende ...

 

Über 5250 Kilometer, von Recklinghausen (NRW) nach Santiago de Compostela (Spanien) - und wieder zurück

Dieser Jakobsweg führte von meiner Haustür nach Santiago de Compostela und auch wieder zurück.

Insgesamt hatte ich den Weg in sieben Großetappen unterteilt :

Großetappe 1:
Recklinghausen - Trier  ( 450 Kilometer )      

Großetappe 2:  
Trier - Le Puy  ( 845 Kilometer )         

Großetappe 3:
Le Puy - Saint Jean Pied de Port  ( 724 Kilometer )

Großetappe 4:
Saint Jean Pied de Port  -  Santiago de Compostela  ( 800 Kilometer )

 - Zwischenetappe-
Santiago de Compostela - Kap Finisterre  ( 93 Kilometer )

Großetappe 5:
Kap Finisterre - Irun  ( 900 Kilometer )  

Großetappe 6:
Irun  -  Paris  ( 850 Kilometer )

Großetappe  7:
Paris  -  Recklinghausen  ( 600 Kilometer ) 

Reiseroute Jakobsweg

Inzwischen hatte ich diesen Weg erwandert und brauchte für die insgesamt 5262 Kilometer, fast acht Monate. 

Bald starte ich wieder. Lange halte ich es ohnehin nicht aus zu verweilen und werde dann für Jahre, vollständig den europäischen Kontinent erwandern.

Dazu gibt es bald mehr hier.

                                                         
 

[Home] [Projekt] [Aktuelles & Archiv] [Albanien] [Andorra] [Belgien] [Deutschland] [Frankreich] [Griechenland] [Großbritannien] [Heimaturlaub] [Irland] [Italien] [Jakobsweg 2012] [Kosovo] [Lichtenstein] [Luxembourg] [Mazedonien] [Monaco] [Polen] [Portugal] [San Marino] [Schweiz] [Spanien] [Tuerkei] [Reiseroute] [Ich&Ausrüstung] [Kontakt] [Impressum]