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                              ...Wanderleben...

                                         ... auf dem längsten Weg der Welt ...

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Stand:
25.11.2015

Italien - Region Kampanien - (29.11.2014)

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Agropoli hat zwar noch eine Altstadt die ganz oben auf der Klippenanhöhe seit Menschengedenken liegt, doch muss die leider links liegen lassen, wieder bin ich in eile, da es bereits 15:00 Uhr ist, also kurz vor “Nachtbeginn” für mich.

Zwei Kilometer außerhalb werde ich dann fündig mit dieser Insel (Bild) die unbewohnt als Felsen im klaren Meer darauf wartet ihren einzigen Bewohner für diese Nacht zu begrüßen.

Fünf Meter schreite ich knietief durchs glasklare, warme Wasser welches den Felsen vom Festland trennt, wanke ängstlich da schwer beladen mit Sack und Pack barfuß über die glatten Steine, klettere dann hinauf, rutsche ab und verliere einen Schuh der mir aus einer Tüte entkommt. Der rollt gnadenlos hinab ins Wasser.

Ich warte bis es dunkel wird und das dauert ja nicht mehr lang, baue dann das Zelt auf so dass mich keiner sieht. Endlich hat diese ständige Dunkelheit auch mal Vorteile: Sie schützt mich in exponiertesten Lagen, ist dermaßen beständig dieser Tage, dass ich ruhig und lang über 13 Stunden ausschlafen kann. Im Sommer wäre so was schwieriger, da wären nur sechs Stunden Dunkelheit mein Schutz vor Sicht für den “wilden, illegalen” Camper

Italien  -Region Kampanien-  (29.11.2014)

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Mann, ich mach es jetzt einfach, wobei ich eigentlich kein Geld dafür habe; Essen gehen in Agropoli, natürlich was? PIZZA selbstverständlich, immer noch das billigste, aber wenn dann ganz professionell mit dem richtigen Bier dazu: Das längliche Glas mit dem reinen Blonden passt also laut Fachanleitung am besten zu meiner Pizza Siziliana, mit Sardellen, Kapern und Oliven mittlerweile mein Favorit.

Uuuiiii, das tut mal gut…..
 
Italien  -Region Kampanien-  (29.11.2014)

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Auuuuuaaa, beim Abstieg in die Altstadt von Salerno schmerzt er wieder, der rechte Fuß, Innenseite, mittig.

Scharf und stechend, als wäre eine Scherbe im Schuh, immer wenn ich absetze nach einem Schritt. Das habe ich allerdings schon lang, ca. zwei  Wochen doch heute nervt es dermaßen, dass ich darüber schreiben muss, sorry…

Außerdem ist es heute Dunkelgrau, trüb und meine Laune eine Katastrophe.

Humpelnd schleppe ich mich mit insgesamt 86 Kilo auf den Fußgelenken, die ja ansonsten 62 gewohnt sind, die Stufengassen von Salerno hinunter, bis zum Hauptbahnhof zwei Kilometer weiter… es bleibt immer noch diesig grau, aber warm.

Ausgemergelt fühle ich mich auch noch; gestern die zwei Pizzakanten waren einfach zu wenig. Seit ich in Süditalien bin, zwingen mich die krassen mittaglichen Schließzeiten der Geschäfte hier zur Abstinenz, ja zur Askese. Die ganze Zeit nur dieses fettige, schlechte Knabberzeug in den Auslagen der Bars zu essen, macht mi zusätzlich zu schaffen. Außerdem sind diese Sandwiches neben ihrer schlecht möglichsten Qualität, maximal teuer.

In Agropoli wollte ich eigentlich im Meer baden gehen. Doch bei dem Wetter klappt das mal nicht und ich hänge lang in der “Bar Düsseldorf” ab, arbeite mich durch meine Mails, und stelle fest auch diesmal von einem Gastgeber entweder vergessen oder verarscht worden zu sein; hier für Agropoli wurde ich schon vor zwei Wochen groß eingeladen, kann so lange bleiben wie ich will hieß es noch…. doch schon vor zwei Tagen als ich den Kontakt weiterhin bestätigen wollte, brach dieser einfach ab.

Das ich jetzt hier auf der Straße stehe, ist ja schon fast was normales, habe ja mein Zelt dabei.

Oh je, ich mache das beste aus dem Tag und leiste mir mal was warmes. Tut der Laune gut ….

(Bild: Agropoli, eine 22.000 Einwohner-Kleinstadt ca. 100 km südlich von Napoli war schon vor 13 Jahren mal mein Reiseziel, seitdem hat sich viel verändert, und auch das Wetter ist heute fürchterlich grau. So kenne ich das gar nicht hier…)
 
Italien  -Region Kampanien-  (28.11.2014)

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ZWEI WOCHEN PIZZA.

So sieht also der Speiseplan eines Wandergesellen durch den Süden Italiens aus, wen überraschts?

Naja, erstens ist Pizza überall und billig zu bekommen. Zweitens bekomme ich eben NUR Pizza in diesem Land, da sonst die für mich wichtigen Supermärkte nur morgens und eben abends offen haben. Dazwischen sind die für krasse vier Stunden in der “Mittagspause”, keine Chance für mich also dort um ca. 15:00, sich einzudecken mit dem nötigsten, was so meine Zeit wäre, da ich anschließend ja schon auf Schlafplatzsuche gehen muss, fast immer weit abseits jeglicher Einkaufsmöglichkeiten.

Um fünf, wenn alles wieder öffnet, bin ich schon in tiefste Finsternis in meinem Zelt, esse wie immer kalte Pizzaecken aus den Bars oder Snackbuden, trinke Mineralwasser aus kleinen, völlig überteuerten Flaschen….

Morgens einkaufen wäre eine Lösung, doch dann muss ich die schweren Sachen den ganzen Tag zusätzlich rumschleppen; dicke Wasserflaschen, Bier, Essen und so weiter…. da kommen schnell mal eben 4-5 Kilo mehr zusammen… was ich dann eben lasse.

Verdammter Winter, die ständige Dunkelheit macht mich wirklich fertig….
 
Italien -Region Kampanien-  (28.11.2014

Italien218
)
Kaum zu glauben, wieder liegt mir eine Stadt zu Füßen; Salerno von meinem Berg aus gesehen, wo ich unter duftenden Pinien mein Zelt, sicher versteckt auf deren weichen Nadelpolster aufstellen kann.

Schwer trug ich wieder all die Last, viele, viele Treppen, Stufengassen und steilen Wegen aus der Altstadt empor, verlief mich und holperte unter Lebensgefahr über den schmalen Seitenstreifen eines Straßentunnels mit schlimmsten LKW-Wahnsinns……. doch fand den versteckten, mittlerweile gesperrten Treppenaufstieg zum Castello de Arechi.

Bis dorthin habe ich gar nicht gebraucht, fand schon auf dem Weg dieses Loch in der Mauer, die längs die steile alte, baufällige Treppe begleitet, kletterte durch, riss mir noch ein Loch in den Schlafsack und sehe auf einen total geschützten, friedlichen Berghang, bewachsen mit dichten, dunklen Strandkiefern. Perfekt.

Ja, wirklich perfekt. Oder doch nicht?

Es dunkelt bereits, eine herrliche  ” blaue Stunde” tönt für wesentlich kürzere Zeit den Himmel über Salerno in rosa-blaue Kontraste, wenig später die ganze Stadt in ein friedliches Dämmerlicht.

Doch für mich ist nun wieder Schluss 17:00 Uhr und ich sehe die Hand vor Augen nicht mehr.

14 Stunden bleibt es jetzt dunkel und wieder steht mir eine elend lange Nacht bevor…. Nächte wie sie ohne “Feierabend” ja eben ganz ohne Abende sind.
 
Italien -Region Kampanien-  (28.11.2014)

Italien217

Wie sehen die Campanier eigentlich aus?

Eher dunkler als im Norden Italiens, teils mit Griechischen Vorfahren die einst hier vor über 3000 Jahren an der Küste siedelten.

Kampanier sind offener und kontaktleichter als Norditaliener, wobei es deren ausufernde Gastfreundschaft schwer macht sich zu überwinden Gäste einzuladen: Die Tradition will es den Gast wirklich wie ein König zu behandeln, deshalb überlegen sie sich es dreimal ob z.B. bei einer Couchsurfing Anfrage im Internet eine Zusage kommt….

Mit der Folge dass ich hier nun auf der Straße stehe; entweder alles plus mehr, oder nix….

Mit fast sechs Millionen Einwohnern ist Kampanien auch sehr dicht besiedelt, wobei davon die Hälfte schon in Napoli wohnen, sind die Küsten und das flache Hinterland fast durchgehend bebaut. - volles Italien, kaum noch Luft zum atmen, kaum noch Platz….

Lediglich in den Bergen die Kampanien zu 70% ausmachen, finde ich die stillen Orte für mein Zelt….

(Bild: Schnappschuss bei der Pommes-Pause)
 
Italien  -Region Kampanien- (28.11.2014)

Italien216

Seltsames Mischwesen zum Portal der Kathedrale zu Salerno;  seit wohl über 800 Jahre bewacht es hier den Eingang und weiß bis heute noch nicht genau was es eigentlich sein soll: Löwe, Uhu oder Opossum… 
 
Italien -Region Kampanien-  (28.11.2014)

Italien215

Nachdem ich einen ganzen Tag zusätzlich im Hostel verbrachte, weil unbedingt noch mehrere dutzend Couchsurfing-Anfragen raus mussten, was ja Stunden dauert, bin ich am Freitag dann morgens wieder los in Richtung Süden weiter.

Einen ganzen “Online Tag” musste ich einrichten,  habe die nächsten Städte bis tief nach Sizilien bearbeitet und dort in den Tiefen des www nach Leuten recherchiert. Ist halt der Job Wanderleben.

Salerno heißt der neue Ort, ca. 50 km weiter runter von Napoli aus gesehen.

Hier in der 135.000 Einwohnerstadt gelang es mir auch wieder nicht, zuvor jemanden zu finden der mich hier aufnimmt. Egal, hab ja mein Zelt dabei was aber heißt, heute den ganzen (kurzen) Tag mit 22 Kilo Gepäck am Leib den Ort zu erkunden und gegen vier schon außerhalb was zum schlafen zu finden; immer die selbe Leier….

Doch Salerno ist trotz seiner Größe recht schnell überschaut; entlang vom Hauptbahnhof (Ticket von Napoli nach Salerno: 3,90€) ziehe ich die Haupteinkaufsstraße Corso Vittorio Emanuele gen Altstadt die mit ihren engen, sauberen Gassen das typische Italienbild zeigt.

Doch diesmal überrascht mich die Kathedrale von Salerno, die mit ihrem als eine Art Kreuzgang gestalteten Vorhof beeindruckt; vier verschiedene Stile weisen die Säulen auf, die seit 800 Jahren die kunstvollen Bogengänge stützen. Zudem macht der schöne Campanile (Kirchturm im Bild) die geschlossenen Pforten ins Innere der Kathedrale wieder wett.

Hier ruhe ich mich erstmal aus und genieße die Ruhe; keine Touristen hier…. ich bin allein.
 
Italien  -Region Kampanien-  (26.11.2014)

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Ramba Zamba - Corso Umberto !

Auf der Schlagader Napolis geht wieder total die Post ab, besonders jetzt bei Regenwetter drehen die Leute völlig durch…. nach über drei Stunden Bahnfahrt  bin ich nun wieder aus Molise zurück und beschließe wieder für eine Nacht ins Hostel zu gehen.

Wahrscheinlich auch morgen, da ich Unmengen online erledigen muss; Couchsurfing machen ohne Ende um in den nächsten Städten nicht völlig verloren zu sein. Der Terminkalender steht: Übermorgen treffe ich bereits jemanden in Agropoli, 100 km weiter südlich am Meer. Doch heute kämpfe ich mich erstmal die sechs Kilometer zur Piazza Piedigrotta…. weit weg vom dröhnenden Hauptbahnhof.

Es strömt wie aus Eimern…. Napoli bekommt eine kräftige Brause. Doch da hinten an Horizont gleißt sie wieder: Die Sonne in ihrem etzten Schein…. es ist ja wieder fast fünf…

(Bild: Der Corso Umberto, mal wieder kurz vorm Kollaps…)
 
Italien -Region Kampanien-  (24.11.2014)

Italien205

Nur zwei Kilometer außerhalb Beneventos finde ich diesen herrlichen Panoramaplatz.

Unterhalb der Bahntrasse, weiter hinter Schotterwegen wo überall gebrauchte Kondome und Taschentücher herumliegen, geht’s weiter bergab, immer dem rauschen des Flusses nach, wo auf einem ebenen Vorsprung weiches, dichtes Gras mit echt duftenden Kräutern mein Nachtlager perfekt absichert.

Auch für Benevento hatte ich einen Kandidaten als Gastgeber in Arbeit…. der wollte nach langem hin und her das sich seit Tagen schon im Chatroom herzieht, nicht raus mit der Sprache ob er mich nun aufnimmt oder nicht…

Irgendwann sendete er mir seine Telefonnummer, ich rufe ihn nun (teuer) an - mein Handy ist lediglich mit fünf Euro aufgeladen - erfahre nach langem, stammelnden Englisch-Italienisch, dass er mich jetzt gern einladen würde.

Ich frage nochmals nach ob das wirklich ernst ist….

Plötzlich, (ich fühlte beim Gespräch Unsicherheit) heißt es “nooooo, i would meet you only for Sex”…. - danach soll ich mich bitte wieder davonmachen, steht irgendwie zwischen den Zeilen….

Zak, ich lege sofort auf und ärgere mich nicht mehr weiter…. Süditalien soll ja soooo Gastfreundlich sein.

Schluss mit dem mosern; schaut auf meine “Villa Wanderleben”…
 
Italien -Region Kampanien-  (24.11.2014)

Italien204

Süd-Italien Idylle pur: Parkende Autos wo es nur geht. Selbst auf der zentralen Piazza Orsini, dem Herz Beneventos fröhnt man der Heilgkeit des St. Automobilio.

Im Hintergrund runden die Fassaden längst vergangener Tage das Bild ab.

Ich verweile gut 30 min hier, beobachte das langsame Treiben, - es ist Mittagszeit und somit in Süd Italien satte vier Stunden so was wie Ausgangssperre; was zu essen finden, öffentliches Leben wahrnehmen - mitnichten - 

Alle vier Supermärkte im inneren Stadtbereich klappere ich ab, alles hinter schweren Gittern in tiefer Lethargie….. mann, das darf doch nicht wahr sein, komme mittags in einen Ort an und muss Hunger schieben……………….

Lediglich überteuerte, schlechte Snacks aus fettigen, alten Teig, gefüllt mit müder Masse, bleiben mir, kaufe die teuer in einer Bar.

Um halb fünf wirds dunkel. Da machen die Märkte  zwar allmählich auf, doch ich muss bis dahin schon längst aus der Stadt sein, vorm Dunkelwerden einen Schlafplatz finden….
 
Italien -Region Kampanien- (24.11.2014)

Italien203

Napoli verlasse ich natürlich wieder mit dem Zug, ganz wie in Italien üblich; für 4,50€ rattern die eisernen Megatonnen über die alten Gleise, vorbei an eben diesen Vierteln wo wirklich noch echt die Mafia-Post abgeht…. und auch das: Notdürftig verscharrte, halb mit alten Plastikplanen verdeckte Müllhaufen auf brachen Gewerbeflächen lassen ahnen wie es möglich ist, gleich hunderte illegale Müllhalden im dicht besiedelten Stadtbereich unterzubringen….

Mein Ziel heute: Benevento, strategisch ausgewählt weil exakt in der Mitte Kampaniens gelegen, eignet sich die 60.000 Einwohnerstadt gut um die Gegend zu erkunden.

Zu sehen gibt’s allerdings nicht ganz so viel, die Piazza Orsini (Bild) mit ihrem Barocken Brunnen steht als Zentrum des Ortes nicht gerade repräsentativ da; als Parkplatz genutzt ist es hier nicht so schön wie es eigentlich mehr sein könnte.
Interessant: Der alten Dom mit seinem neuen Kirchenschiff, das aufgrund einer Bombenattacke im zweiten Weltkrieg komplett neu aufgesetzt wurde.
 
Italien  -Region Kampanien-  (23.11.2014)

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Zuletzt noch etwas Kunst: Das beliebteste Motiv Neapels, der Vesuv in allen Varianten, in allen Farben schon seit Menschengedenken hier das Markenzeichen überhaupt.

Napoli, eine fantastische Stadt verabschiede ich morgen dann mal wieder, ich ziehe weiter ins Zentrum Kampaniens nach Benevento, habe dort trotz totaler Couchsurfing Recherche immer noch keinen Gastgeber gefunden. Keiner hat geantwortet, keiner lädt den Nomaden zu sich ein, - auch in Campobasso, dem übernächsten Ziel. Es ist zum verzweifeln.

So, habe nun eine ganze Menge über Napoli geschrieben und hoffe nicht zu viel…. bald möchte ich hier die Sache auch als Blog ergänzen, so kann jeder mal seinen Senf dazutun…. wäre mal ganz interessant.
 
Italien  -Region Kampanien-  (23.11.2014)

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Die Piazza Sannazzaro, ganz nahe dem Hostel.

Hier lud ich damals mit dem allerletzten Geld dieses Mädchen ein zur Pizza mit Wein, (meine erste selbst gekaufte Flasche Rotwein) und bin nun wieder hier, wenn auch allein.

Das Lokal liegt links am ziegelroten Haus.
 
Italien -Region Kampanien-  (23.11.2014)

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Die Piazza Piedigrotta mit ihren prolligen Bahnhof. Kurz hinter den Gleisen liegt das Hostel etwas versteckt in einem Gewerbegebiet. Hier holten mich vor 15 Jahren meine Eltern aus einer Notsituation heraus; in der Türkei räumte man mir die Kontokarte leer, nachdem ich diese völlig besoffen aus der Hand gab. War dann auf dem Rückweg von dort bis Napoli hier ins Hostel angekommen und pleite. Papa aber kam mit dem Auto herbei und rettete mich, verbrachten dann anschließend in Kroatien den Familienurlaub….

Starke Erinnerungen die einfach genial sind. Nun bin ich wieder hier, zwar auch fast pleite aber das ist ja mittlerweile ganz normal.
 
Italien  -Region Kampanien-  (23.11.2014)

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Guten Morgen, Sonntag der 23 November, und schon startet der Tag schräg: Silvio hat mir abgesagt, kurz und bündig: “Sorry, i can’t host you today”  ….das wars, keine Begründung kein gar nichts.

Ich ärgere mich deshalb weil wir noch viel in Kontakt standen, er schrieb mir mehrmals mit mir noch schwimmen zu wollen, und gut Kampanisch für mich zu kochen, worauf er sich freue.

Und dann das… einfach so..

Jaja, die Gastfreundschaft, in Süditalien eine Art Heiligtum. Entweder der Gast bekommt satte fünf Sterne Vollpension mit allem pi-pa-po, oder gar nichts. Letzteres wahrscheinlich um sich selbst vor dem Aufwand zu bewahren; in Süditalien ist es eben üblich und Sitte einen Gast umfangreich zu verwöhnen, - das kann ich noch von Donnerstag bestätigen!

Aber nur eine Couch anbieten, dazu ein Kaffee vielleicht oder ne Dose Bier….sowas mag in Deutschland kein Problem sein, wohl aber nicht hier am Vesuv.

Lieber sagt man dann ganz ab, frei dem Motto: Entweder alles oder nix …

So kommt es mir zumindest vor.

Aaaaaber welch ein Glück, dass ich im Hostel Mergellina bin. Hier ist es ja so billig, dass ich mir tatsächlich noch eine weitere Nacht leisten kann. Ich knalle neun Euro auf den Tisch und bin sicher unter Obdach.

Sehr sauber ist alles hier, mehrere Toiletten mit Dusche auf den Fluren, alles was man so braucht. Ja und Wiiiiifiiiiiii….. juhuuuu ich kann ausgiebig Skypen mit Mama und Georg :-):-):-)

(Bild: Auch im Preis inbegriffen: Ein Schoko Croissant + Cappuccino zum Frühstück. Bella Italia!)
 
Italien  -Region Kampanien-  (22.11.2014)

Italien198

Da ist sie, die günstigste Absteige Napolis, das Ostello Mergellina nahe der Piazza Piedigrotta, versteckt hinter der Brücke, rechts einer schäbigen Straße folgend hoch an den Tuffsteinbruch irgendwie deplaziert wirkend.

Für neun Euro aber bekomme ich was im Acht-Bett Zimmer. Toll: Ich bin hier fast allein. Nicht toll: Eine Art Obdachloser mindestens 70 Jähriger hat sich im hintersten Bett des Raumes dauer-eingerichtet. Offenkundig verdient er mit seinen Trommeln genug Geld auf der Straße um hier die 63 Euro pro Woche berappen zu können. Morgens zieht er sehr früh los, Abends zählt er dann Unmengen an Kleingeld, offenbar sein Tagesverdienst.

Schlimm ist eigentlich nur dass er fürchterlich stinkt nach uralten Zigarettenrauch und in der Nacht entsetzlich schnarcht………….   ich liege maximal weit von ihm an der anderen Raumseite. Sprechen können wir kaum miteinander, wir keine gemeinsame Sprache können.

Egal, morgen ist Sonntag und dann gehe ich noch eine Nacht zu Silvio zurück.

Doppelzimmer: 36 €

Einzelzimmer: 22 €

Bett im Mehrbettzimmer:  9 €

….Das sind noch D-Markpreise ….oder soll ich eher Lire-Preise sagen?
 
Italien  -Region Kampanien-  (22.11.2014)

Italien197

Allein am Abend.

Da sitze ich nun im Speisesaal meines alten Hostels, wo die Erinnerungen so toll sind. Naja, damals war ich auch im Sommer hier, da war jede Menge los. Heute, im November ist tote Hose, fand noch nicht einmal ein “Mädel” für des Lokal an der Piazza Sannazaro, wo ich vor 15 Jahren zum Weintrinken zur Pizza war….  war gestern allein dorthin und fühlte mich ganz wohl.

Überhaupt ist das ganze große Haus fast verlassen. Sehr überschaubar treffe ich hier lediglich einige schlecht gelaunte Studenten oder Arbeiter, keine Ahnung, die sprechen kein Englisch und gucken nur muffig aus der Wäsche.

Doch das Essen ist hier gut und echt billig.
 
Italien  -Region Kampanien-  (22.11.2014)

Italien196

Endlich bin ich auch mal in einer Stadt wo ich mir die lokalen Spezialitäten mal leisten kann.

Napoli ist eßtechnisch leicht zu fassen: Pizza, Pasta und Sfogliatelle (Bild).

Was soll ich schon zur Pizza groß sagen, außer dass sie in Napoli mal erfunden wurde. Dünn und gut belegt, saftig und kräftig gewürzt schmeckt sie mir hier einfach am besten.

Zusammen mit dem Kaffee bildet die Pizza -ob als mittaglicher Snack oder Hauptmahlzeit eine Art Neapolitanisches Lebensgefühl, ein Heiligtum. Und überhaupt ist man stolz hier auf das, was mittlerweile in der ganzen Welt einen gewaltigen Siegeszug geschafft hat; ob in Frankreich, England, Indien, China oder die USA, überall gibt es an jeder Ecke eine Pizzaria, ja auch in Indien, wo ich schon öfter war, ist Pizza einfach voll im Trend. - Einmal Pizza-Curry-Massala bitte ….

In Napoli streiten gleich mehrer Adressen um die “beste Pizza” der Stadt, sowie um den Titel der ersten Pizzeria der Welt….  ganz ähnlich wie bei uns mit der Currywurst.

Mein Gastgeber Silvio aber schimpfte über die kulinarische Mentalität seiner Kampanischen Landsleute; sie gelten im Verglich zum Norden als eher fetter, essen ständig Pizza wo sie gehen und stehen. So haben die Frauen in Milano mehr Form, sind schlanker…. sagte er.

Auch Pasta gehören hier öfter auf dem Tisch als anderswo im Land; als “Primi Piatti” (erster Gang) sind sie in allen Varianten Standart und mit drei bis fünf Euro recht billig und total LECKER…

Letztendlich landen wir dann alle noch bei den Sfogliatella in Napoli, den berühmten Blätterteigtaschen mit süßer Ricottafüllung (süßer weicher Käse) die mit 1,50 € das Stück gleich mehrfach für mich erschwinglich sind, an jeder Straßenecke zu haben und so Kalorienreich sind, dass sie mich über den ganzen Mittag bringen.

Jaja, einmal aussprechen bitte: Sfogliatelle, ….ist auch richtig geschrieben, musste ich auch noch lang üben. Aber eben sehr Neapolitanisch!

Bier allerdings ist auch hier immer noch etwas Luxeriöses, sofern es vom Fass kommt; mit vier Euro je 0,4 l liegt es noch im oberen Preisbereich und wird künstlich aufgewertet.

Anders der Wein: Kampanischer Rotwein schmeckt fruchtig frisch, ist leicht und bekömmlich. Ich trank gestern mal ganz vorsichtig einen “Piccolo” und vertrug den echt gut. Auch Weißwein gibt’s viel in der Region, habe den aber noch nicht probiert, muss ja eben runterfahren mit all der Sauferei…..uuuff.

Dennoch denke ich viel an den himmlischen Limoncello, dem Zitronenlikör der hier an den steilen Küsten aus den Sonnenverwöhnten Zitronen gewonnen wird… mmmmmmhhhhh…..

(Bild: Sfogliatelle - Blätterteigtaschen)
 
Italien -Region Kampanien- (22.11.2014)

Italien195

Auch eine Neapolitanische Besonderheit: Alte Wohnhäuser reicher Familien mit ihren hohen Räumen und großen Fenstern. Im 19ten Jahrhundert bis noch vor einigen Jahrzehnten lebte die Oberschicht hier im Prunk und Gloria, ganz zentral in der Stadt.

Doch heute sind viele dieser bis zu 250 Jahre alten Bauten im Zentrum der Stadt, völlig heruntergekommen. Der Grund ist die Verarmung großer Bevölkerungsteile Anfang des vorletzten Jahrhunderts, die ihren Besitz nicht mehr pflegen konnten, die Flucht vieler Aristokraten aus der wilden Innenstadt.

So kommt es dazu, dass z. B. hier in diesem alten Adelshaus, heute ärmere Bewohner leben, teils Migranten aus Bangladesch in großer Zahl sich ein Zimmer teilen.

Eine Renovierung und “Aufwertung” solcher Gebäude kostet gleich mehrere Millionen, findet also (noch) keinen Geldgeber. Ich erinnere mich aber noch an Berlin, da war es in den Neunzigern ganz ähnlich. Heute kosten die Renovierten Altbauten am Prenzlauer Berg nun so viel wie in Hamburg oder Milano…. Napoli braucht da (gottseidank-?-) noch etwas länger.
 
Italien -Region Kampanien- (22.11.2014)

Italien194

Gleich neben der Galleria verirre ich mich in den engen Straßen eines eigentlich einfach zu durchschauenden, Schachbrettartig angelegten Viertels. Hier tobt das Leben in allen Gassen, plötzlich aber -von einer Straßenseite zur anderen, prallen die Gegensätze aufeinander; ganz anders als in Rom, Milano oder Florenz wechseln im Zentrum Napolis die reichen mit den armen Vierteln promt ab; völlig überfüllte, fast baufällig aussehende Wohnhäuser, sechs Stockwerke hoch, voller Wäscheleinen, offenen Fenstern, überall Lärm hier, auf der anderen Straßenseite dann gepflegte Fassaden, Gardinen und weniger Lärm, ja fast schon Ruhe, alles ist sauber.

Das ist einzigartig in Italien.

Das ist NAPOLI.
 
Italien -Region Kampanien-  (22.11.2014)

Italien193

Im morbiden Charme steht sie immer noch würdevoll aufrecht, die Galleria Umberto 1 mitten im Zentrum Napolis.

Gegenüber des weltberühmten Opernhauses (Napoli hat alles…) Teatro San Carlo, wurde im Rahmen einer großen Stadterneuerung - damals tobte die Cholera hier, vor 124 Jahren diese Einkaufspassage gebaut, nach dem Vorbild der Galleria Vittorio Emanuelle in Milano, eine ganz moderne Sache zu dieser Zeit.

Doch im Gegensatz zu Milano, was im reichen Norden der Republik liegt, bröckelt hier der Putz; teuer und nicht zeitgemäß, in Tagen gigantischer Malls die eher für’s Auto zugeschnitten sind, ist die Restaurierung solcher Bauten die zudem komplett Denkmalgeschützt keine “Innovationen” zulassen.

Im Innern werde ich erstmal gleich von zwei Bettlern angeschnorrt, gib dem Nigerianer 50 Cent, flüchte aber vor der 15 Jährigen Roma, die jetzt aber auch was haben will…. ich denke die hat andere, bessere Perspektiven als der wahrscheinlich “illegale” aus Afrika.

…. Szenen aus der Galleria ….
 
Italien  -Region Kampanien-  (22.11.2014)

Italien192

Ahhh ja:  Fisch, bunt ja metallisch schimmernde Kalmare, und Oktopus (links unten) im Angebot.

Grausam: Ein Käufer stopft einen großen, noch lebenden Oktopus in eine total enge Plastiktüte, schmeißt diese in seinen Korb…. 

Nicht immer schön was man hier zu sehen bekommt…

Am liebsten würde ich einige davon kaufen um sie sofort wieder im Meer zu befreien….
 
Italien  -Region Kampanien-  (22.11.2014)

Italien191

Kleine Fischmärkte längs des Hafens geben noch das alte Napoli wieder. Früher gab es alle 100 Meter ein reges Treiben hier, wenn die Fischer zum Vormittag vom Meer zurückkehren.

Heute sehe ich am Horizont die riesigen Fabrikschiffe wie Inseln in der Ferne. Die übernehmen den Job gegenwärtig in der Masse. Da wunderts mich schon dass überhaupt noch was für die kleinen Boote ins Netz geht….

Da schaue ich mal genauer nach…

(Bild: Links entwirren die Fischer ihre langen Netze, rechts wird lautstark gehandelt.)
 
Italien -Region Kampanien-  (22.11.2014)

Italien190

Neapolitanische Impressionen: Ein Angler am Hafen neben einer Heiligenstatue, die spontan von gläubigen Anwohnern oder den Fischern hier aufgestellt sind und mit Blumen umhangen werden.

Während wohl in Deutschland so was dem Vandalismus schnell zum Opfer fiele, besteht in Italien ein tiefer Respekt, selbst bei nicht gläubigen Jugendlichen.
 
Italien -Region Kampanien-  (22.11.2014)

Italien189

Und das noch: Der “Astronauten Jesus von Napoli” … so nenne ich den mal jetzt, finde ich ganz witzig; offensichtlich reichten die Mittel zur restaurierung der uralten Fresken nur für den Kopf des Messias.

Von Däniken würde jetzt sofort sagen: Schaut her, und er war doch ein Außerirdischer……

(Bild: Fresko im Dom von Napoli)
 
Italien -Region Kampanien-  (22.11.2014)

Italien188

Wohnzimmer-Barock nenne ich gern die Kunst im hinteren Querteil des Neapolitanischen Doms. Wie alte Tapete mit runden, großen Portraits dazwischen, unterscheidet sich der Charakter etwas von “herkömmlichen” Barockwerken. Immer wieder richtig: Jede Kirche ist so anders, und selbst nach dieser Trunkenheit römischer Fülle und Vielfalt während meiner Erkundungstouren in der Hauptstadt, freue ich mich das hier noch zu merken.

Napoli hat nicht diese extreme kulturelle Überlaufenheit wie Rom, ist aber irgendwie als Stadt noch schneller, noch energiegeladener, wenn auch nicht vielfältiger.

Rom und Napoli, beide von ähnlicher Größe, liegen nur knapp 200 km auseinander, sind aber so unterschiedlich wie Hamburg und München.
 
Italien  -Region Kampanien-  (22.11.2014)

Italien187

Ach Napoli, was kann ich noch alles über dir erzählen…..

Ganz abseits der Camorra ziehe ich meine Bahnen durch die so lebendigen Viertel dieser Stadt. Bin überrascht von der Einfachheit der Frontfassade des Doms zu Neapel.

Auch hier hat sich jüngst was getan: Papst Franziskus sprach sich deutlicher als alle anderen vor ihm gegen den Kult der in der (Süd)italienischen Kultur so verwurzelten Mafia aus, exkommuniziert alle Katholiken aus der Kirche, die Mitglieder einer Mafiaorganisation sind.

Tatsächlich, und wie soll es auch anders sein, waren Kirche und organisiertes Verbrechen in Süditalien nie ein großer Wiederspruch; als “ehrenwerte Gesellschaft” titulierten sich gern einst ranghohe Mitglieder z.B. der sizillianischen Cosa Nostra in ihrer gesellschaftlichen Rechtfertigung gegenüber der Kirche.

Die jetzige Message des Papstes allerdings geht weiter, lässt hoffen dass wirklich Mafia-nahe Priester gefeuert werden, Priester die jene trauen, deren Kinder taufen oder sonstig kooperieren, die zu einem der “vier Großen” gehören, den vier Mafiagruppen in ihren jeweiligen Regionen.

Letztlich muss ich noch, der Übersicht halber, diese vier Mafias aufzählen:

In Kampanien wie schon erwähnt die “Camorra”

In Kalabrien die “Ndrangheta” (momentan sehr stark, über Norditalien bis nach Deutschland aktiv)

Auf Sizilien: Cosa Nostra.

In Apulien:  Sacra Corona Unita.

Die Machenschaften überschneiden sich zwar in internationalen Geschäften, teils auch in Norditalien, sind aber im Süden des Landes streng auf die jeweilige Region beschränkt.
 
Italien  -Region Kampanien-  (22.11.2014)

Italien186

Was denkt ihr sofort über Neapel?

Klar, bei uns als auch in ganz Italien sagt jeder sofort: Napoli ?  ….MAFIA !!!

Auch ein Klischee? Nein, ganz klar real, wenn auch für 95% der Bevölkerung nahezu unsichtbar. Es sei denn man hat ein Geschäft, ein Restaurant oder Kneipe, dann dauert es nicht lang und ein sehr “napolitanischer” Besuch schreitet über die Schwelle; die “Pizzo” ist fällig, ein oft überschaubarer Betrag als Schutzgeld, - oft dem Schutz gegen die eigene Gewalt, aber auch gegen andere Unannehmlichkeiten jenseits von Recht und Ordnung.

Es kommt immer wieder vor, dass Geschäftsinhaber die Pizzo verweigern, was aber schnell zu kaputten Schaufenstern und sonstigen Schäden führt, so was setzt sich dann gesteigert fort und kann - ich erinnere mich noch an einer Story von meinem Tessinischen Freund Frenk, der einen Bekannten hat dessen Pizzeria letztendlich in ein Flammeninferno ihr Ende fand…. er weigerte sich bis zuletzt die Pizzo zu zahlen….

Auch die Polizei ist dermaßen tief in mafiösen Machenschaften verstrickt, dass eine Anzeige völlig aussichtslos ist; als Witz versteht so was ein Neapolitaner  und lacht laut über sowas. Komischerweise wird hier in den Gassen die “Camorra” (so heißt die kampanische Mafia hier) als unüberwindbare, chronische Krankheit toleriert. Schimpfen und fluchen - das können die hier alle gut… ist genauso erlaubt, als offen in den Medien über die Camorra zu sprechen; trotz der nahezu traditionellen Verknüpfungen der Mafia mit Politik und Wirtschaft, wehrt sich die Zivilkultur mehr und mehr dagegen; Mafiajäger, fast schon prominent, sind gefährdeter als so manch Islamistischer Top Terrorist auf den Listen der US Geheimdienste und leben wie manch Mafiosi komplett abgeschirmt.

Seit den fünfziger Jahren, wo mit dem legendären Neapolitanischen Bürgermeister Achille Lauro (wurde sogar von der Römischen Zentralregierung abgesetzt…) eine beispiellose Verflechtung der Camorra mit dem kommunalen Leben der Stadt sowie der Provinzregierung einherging, baute die in verschiedenen Familien-Clans organisierte Verbrecher Kultur ihrer Netzwerke bis heute aus; Immobilien und Bankgeschäfte im Großen, Drogenhandel, Prostitution und Schutzgelderpressung im Kleinen machten Napoli zum Sudkessel des Verbrechens in ganz Italien, bis 1992, wo endlich ein starker Bürgermeister mit Hilfe einer erstarkenden Zivilen Gesellschaft aus der Mitte der Neapolitanischen Bevölkerung, schrittweise mit der extremen Korruption tatsächlich Abhilfe schaffte.

Die Camorra weichte aus, okkupierte nahezu den gesamten Müllsektor und schaffte somit ab 1994 den neuen Zweig der “Müllmafia”.

Hunderte illegale Mülldeponien innerhalb der städtischen Bereiche in und um Napolis sorgten für neue Skandale, die als Nationales Politikum in einem maximalen Müllnotstand es sogar bis in Ausländische Medien schafften; Napolis lädierter Ruf wurde mal wieder völlig bestätigt.

Erst 2008 ist dank vielfältiger Anstrengungen die Lage etwas entschärft; die Müllentsorgung läuft zwar eher schlecht als recht, funktioniert aber einigermaßen heute. Napoli wirkt in weiten Teilen, besonders in den reicheren Vierteln völlig sauber.

Dennoch ist der Schaden groß: Hochgiftiger Industriemüll aus Norditalien gärt weiterhin gleich neben den tristen Hochhäusern der Vororte. Eine Lösung die ganzen Gifthaufen zu beseitigen ist nicht in Sicht….

Und noch heute wuchert sich noch, dort wo die Nährböden am besten dafür sind, z. B. in Scampia, einem Vorort drei Kilometer nördlich der Innenstadt. Hier drängen sich in schrecklichen Vierteln alten sozialen Wohnungsbaus der 60er Jahre über 70.000 Menschen, davon die Hälfte illegal, größtenteils Roma (Zigeuner) die wie in Afrikanischen Slums vergessen lassen, dass wir uns hier in Europa befinden.

Genau hier herrscht sie noch komplett, hier gelten die Gesetze der Camorra, so sehr dass noch heute die vor einigen Jahren tobende “Fehde von Scampia” international Schlagzeilen machte; organisiert in (oft italienischen) Familienclans, die jeweils zusammen mit externen (Roma) Helfern, eine Gruppe (Clan) innerhalb der Camorra bilden, geraten verschiedene dieser Clans aneinander, mit der Folge kriegsähnlicher Zustände.

Zwar ist die Camorra herarchisch aufgebaut, doch klare Positionen gibt es offenbar keine, gleich mehrere “Paten” teilen sich die Geschäfte untereinander auf. Gott bewahre Scampia wenn so ein Gleichgewicht ins wanken gerät….

(Bild: Gasse in der Innenstadt Napolis. Keiner redet drüber, aber fast jeder der ein Laden hat, zahlt sie: die Pizzo, eine art Mafia-Steuer)
 
Italien  -Region Kampanien-  (22.11.2014)

Italien185

"Neapolis" - damals von den Griechen gegründet, die überall in Süditalien vor über 3000 Jahren die Küsten besiedelten, wurde in ihrer Vorgängersiedlung "Parthenope" ungefähr zur gleichen Zeit wie Rom gegründet, also vor 2700 Jahren, und war der Anfang dieser Stadt.

Dennoch ist aus antiken Zeiten nicht viel übrig heute, da der Vesuv, Kriege und Erdbeben die Gegend oft verwüstet hatten, nur die vielen Katakomben unterhalb der Altstadt gibt es noch; ganze Höhlensysteme im weichen Tuff und Vulkanstein, auf dem Napoli steht und erbaut ist, verzweigen sich weit.

Ich konnte da sogar hineinsteigen, doch ein saftiges Eintrittsgeld stoppte die Aktion prompt. Da kaufte ich mir lieber ein schönes Eis.
 
Italien  -Region Kampanien- (22.11.2014)

Italien184

Kampanien (Campania) - wieder ein neues Land im Land.

Italien, dieses “Schwerpunktland” meines Weltweges, ein mini Kontinent mit vielen Ländern ist überhaupt deutlich gespalten in Nord und Süd.

Hier in Kampanien, der Region gleich südlich von Lazio mit seiner Metrople Rom, kommen all die Klischees des tiefen Südens deutlich hervor; alles ist hier noch mal chaotischer, alles ist hier noch etwas “wilder” geraten als noch in Bologna oder Milano.

Auf den Straßen Napolis, die mich eher an jene Indischer Metropolen erinnern, jagen Zweiräder über rote Ampeln, parken Autos in der dritten Reihe, wühlen Bettler in riesigen Müllhaufen am Straßenrand, suchen sich Pappkartons als Matratzenersatz für die nächste Nacht.

Geschliffenes Pflaster, oft durcheinander gelegt, wulstiger Asphalt, klapperige Gullideckel aber auch wieder korrekte Sauberkeit, die sich wie ein unterdrücktes Immunsystem immer wieder zwischendurch durchsetzt, beobachte ich von vorne herein als was ganz normales für diese Stadt, während in Rom noch der eine oder andere Müllhaufen als Missstand erachtet wurde, akzeptiere ich die wüsten Haufen aus Pappkartons auf den Bürgersteigen Napolis irgendwie. Dem bekannten Klischees wohl sei dank.

Napoli aber ist extremer als alle anderen Städte im Land; mit genau einer Million Menschen im eigentlichen Verwaltungsbereich auf nur 117 Qadratkilometer (gerade mal doppelt so viel Raum wie meine Heimatstadt Recklinghausen mit 115.000 Ew.) und drängen sich hier dermaßen dicht, wie es in Europa nur noch Barcelona schafft.

Um Napoli verflechten sich auf engstem Raum über 40 weitere Städte, die zusammen eine Metropole von über 3,1 Mio. ergeben, größer also als Hamburg, was hier auch deutlich zu spüren ist.

Napolis Hafen gilt als der größte in Italien, Industrie und gleich sechs Universitäten schaffen es aber immer noch nicht Napoli aus den Negativschlagzeilen zu heben; Arbeitslosigkeit und eine legendäre Korruption sind auch heute nach wie vor ein chronisches Problem der Stadt.

Dennoch strömen weiterhin ständig neue Zuwanderer aus Asien und Afrika in die übervolle Stadt, bauen im Zentrum ihrer mobilen Schwarzstände auf, und ziehen Abends zurück, teils in die verwahrlosten Vororte deren Kriminalstatistik mit denen Südamerikanischer Metropolen vergleichbar ist.

Napoli ist natürlich bei seiner Größe, das Herz Kampaniens.

Schon zur Römerzeit war die Region bekannt und wichtig wegen seiner fruchtbaren Böden; Getreide und Wein aus Kampanien versorgten das alte Reich schon damals, köstlicher Zitronenlikör aus dem Sorrento, nahe den Steilküsten mit ihren vorgelagerten Inseln Capri und Ischia, die heute dem teuren Massentourismus zum Opfer fallen, sind was typisches für die Gegend.

Das alles überragt vom absoluten Markenzeichen: Dem Vesuv, der alte Vulkan der seit 17.000 Jahren geologisch zwar noch jung, aber seit Menschengedenken ein Teil dieser starken, unverwechselbaren Gegend in Italien ist.

(Bild: Noch geschafft: Der Wettlauf gegen die Zeit, es dunkelt ja schon um vier und der Blick von der hohen Burgfestung Castel S. Elmo, über Napoli muss noch bei einigermaßen Licht schweifen. Gut eine Stunde kämpfte ich mich dem Gewirr von Serpentinen hinauf, verlief mich oft, wollte aber partout nicht diese Lifte nutzen, die zwar nur 1,50€ kosten, aber mir das Gefühl nehmen, frei und ohne Bezahlereien einen Ausblick über die Stadt zu schaffen.)
 

talien  -Region Kampanien-  (21.11.2014)

Italien183

Da Napoli keine Strände hat, nehme ich mit einem glatten Fels im Hafen Vorlieb. Hier baden auch einige im immer noch warmen Wasser. Mit der Pizza im Bauch und dem Vesuv im Blick, schalte ich nun komplett ab.

Erst zum Abend habe ich wieder zwei Stunden Online Sitzung, da suche ich auf Couchsurfing nach Gastgebern für die nächsten Orte, es gibt noch viel zu organisieren….

Italien  -Region Kampanien-  (21.11.2014)

Italien182

Schlammschlacht mit viel Öl und Käse; die echte Neapolitanische Pizza, hauchdünn in der Mitte und superlecker. Der kleine Wein entspricht meinem Ansinnen dem Alkohol zu entsagen als Mittelweg, den ich auch sehr gut vertragen habe, mmmmmhhhhh….

Für nur sechs Euro die große Pizza, drei Euro dem Wein und ein Euro für’s Wasser, kann man sich freuen endlich aus der Teuer-Sphäre entkommen zu sein; deutlich billiger ist das Leben hier im Süden Italiens und dennoch, ich muss gut achten auf alle Ausgaben, die ich eben nur mittels Spenden einiger lieber Mitmenschen die meinen Blog verfolgen, begleichen kann.

Danke dir lieber Hans aus Mannheim. (Wir lernten uns auf Gran Canaria kennen) Deine 25 Euro investiere ich genau dafür wie du es vorgeschlagen hast; Pizza und Wein…. nicht immer nur Dosenfutter :-)

Besten Dank lieber Sker aus Hamburg: Du hast mir die Fähren nach und von Sardinien möglich gemacht, die waren insgesamt mit exakt 100 Euro die teuerste Sache der letzten Zeit.

Auch Beat aus der Schweiz hat mir sehr geholfen, deine Spende hebe ich noch auf, da ich noch spare für die dringend benötigten, neuen Schuhe…. meine alten lösen sich total auf…  (Bitte melde dich noch mal bei mir, habe deine Mailadresse verschlunzt… )

Danke auch an jede Kleinspende. Nur so schaffe ich es überhaupt. :)

Ja, zwar hält sich die Unterstützung in Grenzen, aber es geht, irgendwie reicht es zum leben… sogar etwas jenseits zum “Überleben”.

Bin mal gespannt: Wenn ich bald Europa verlasse, wird alles ja viel spannender, viel exotischer…. dann hoffe ich auch das Fernsehen ins Boot zu holen und der Laden läuft so gut, dass ich dann völlig davon leben kann. So der Plan.

So, die Pizza wird kalt…. jamjam.
 
Italien  -Region Kampanien-  (21.11.2014)

Italien181

Alles gut, noch immer etwas Bauchweh als Souvenir aus Sardinien, aber es geht besser Tag für Tag.

Sooo, auch in Sachen Gastgeber hat sich was getan, war ja bei Silvio wunderbar aufgehoben; den hatte ich ja (mal wieder) bei Planet Romeo gefunden (einem Gay-Dating Network) wo es alles viel schneller geht als bei Couchsurfing. - Bei letzterem verpufften ganze 17 Anfragen für Napoli, wie schonmal erwähnt dem neuen Extrem-Massen-Tourismus sei dank…

Aber dann: Silvio und ich hatten jede Menge Spaß, und zack, ich kann einfach bleiben so lang ich will; mitten in der Stadt, auch allein in seiner Wohnung während er arbeitet. Traumkonditionen für jeden “Couchsurfer”.

Doch ich will erstmal nicht….. ja, ich habe etwas vor was mir wichtig ist…

Vor 15 Jahren, als ich meine Reiselust allmählich anfing zu leben, zu entdecken, unternahm ich mit ein paar hundert Mark in der Tasche, die erste Italienreise, natürlich mit Rucksack durch die Hostels der Nation.

In Napoli war ich damals auch, und erinnere mich noch heute so stark und intensiv an diese eigentlich schrullige Absteige nahe der Piazza Piedigrotta. Dort lernte ich als Backpacker laufen, das kleine Einmaleins des Budget-Travelers; einmal Milano-Florenz-Rom und Napoli…. mit süßen 21 Jahren…. hach…

Und da will ich heute wieder hin, wandele auf den Spuren der ersten Ausflüge meiner jungen Anfänge, erinnere mich an viele Sachen die teils so intensiv sind, dass ich mich nun wieder in diese Herberge, ganz versteckt hinter fürchterlich lauten Brücken, einfinde.

Ja, da bin ich nun wieder, und schwelge mit meinen immer noch jungen 36 Jahren in Resümees als währen es schon gut 60 ….. fühlt sich halt so an…

Ja, ich weiß noch: Meine erste Flasche Wein die ich im Leben selbst bestellt habe, dass war hier, an der Piazza Sannazaro, unweit des Hostels, da bin ich mit diesem Mädel gewesen, haben uns so viel unterhalten…. bei Da Paspuale dem Lokal mit Tischen draußen, was es heute noch gibt….

Da setze ich mich hin, bestelle eine Pizza mit Wein, und schmelze dahin….. schade dass ich jetzt allein bin, kein Mädel bei mir….

Wie lang sich 15 Jahre anfühlen können…. mein Gott…
 
Italien  -Region Kampanien-  (20.11.2014)

Italien180

Verloren bin ich aber noch nicht; Silvio lebt mitten im Zentrum dieser unglaublichen Stadt, lädt mich ein in seine Wohnung die durch einen typischen Flur, mit verwitterten Marmor ausgekleidet, zu erreichen ist.

Die hohen, oft sechsstöckigen Wohnhäuser wirken allesamt sehr verwittert, überall blättert es, der Marmor hat Sprünge und es riecht süßlich nach faulen Putz.

Doch in Silvios Wohnung komme ich erstmal an, falle in die große, weiche Couch die hier für eine Nacht mein Bett sein soll und freue mich nun über meinen ersten Kampanischen Gastgeber.

Der muss aber gleich wieder arbeiten als Chemielehrer, ich dusche mich und wir verlassen gemeinsam die Wohnung; so ganz allein will er mich dann  doch nicht hier zurücklassen…. noch sind wir uns zu neu..

Nun ohne schweres Gepäck, streife ich durch diese Stadt, die so normal wie wie eben anders ist; gleich in einer tosenden Demo gelange ich, es knallt und Musik lässt laut alles erzittern, ganze Legionen von schwerst bewaffneten Polizisten mischen sich in der wütenden Menge. Keine Ahnung worum es hier schon wieder geht…

Ich fliehe in einer der engen Seitengassen und verschwinde zwischen all den Läden und Ständen, fühle mich eher wie in Casablanca oder Bombay….
 
Italien  -Region Kampanien-  (20.11.2014)

Italien179

Wieder fühle ich mich verloren; aus der Fähre reihe ich mich im Trott der vielen Leute die sich den Weg durch die Gänge des großen Schiffes bahnen, weiß wie immer nicht wo es langgeht, die Durchsagen aus Italienisch verstehen aber alle, und die strömen schon in die richtige Richtung….

NAPOLI  (ich sage lieber den Italienischen Namen der Stadt, weil der besser gefällt:) frisst mich jetzt, ergebe mich dem Chaos wie ich es in ganz Italien noch nie erlebt hatte.

Rom, Milano und wie sie alle heißen, sind alle - wenn auch nur ein wenig - entspannter als dieses Napoli. Hier tobt das Leben noch mal etwas wilder, noch mal etwas orientalischer in den engen Gassen, und überhaupt weht hier ein irgendwie anderer Wind; durch die Straßen, teils tatsächlich voller Müll, kaputten Pflaster, besiedelt von fliegenden Händlern aus Afrika, Bettler die zerlumpt umher stolpern, ziehe ich einigermaßen mich orientierend zum Informationsbüro, erreiche die Piazza Gesu Nuovo, mit ihren wichtigen Kirchbauten ein Zentrum der Touristen, die Napoli nicht in solcher Anzahl überschwemmen wie noch Rom.

Hier finde ich Stadtplan und Infos, mache WiFi nebenan in einer Bar, zahle nur zwei Euro für die Cola dort und wühle mich durch die Messages meiner Kontaktforen im Internet.

Wühl….wühl…wühl… endlich: Silvio von der Via Sedile di Porto, gleich um die Ecke will mich aufnehmen…. nach langem hin und her lenkt er ein, nimmt sich Zeit für den Reisenden…

(Bild: Gelandet in Napoli, ohne wirkliche Zusage eines Gastgebers, hole ich mir erstmal den Segen in der berühmten Gesu Nuovo Kirche, die mit ihrer Diamantquader-Fassade eines der Wahrzeichen Napolis sein soll. - Soviel schonmal dazu)
 
Italien -Region Kampanien-  (20.11.2014)

Italien178

Klar zu erkennen ist er schon der Vesuv an der Bucht von Neapel aus ca. 40 km Entfernung.

Früher, vor einigen Jahrtausenden war er mal deutlich größer; mit heute 1280 Metern dominiert er zwar die ganze Gegend, war aber mal mit über 2000 m viel größer, was logischerweise als bekannter Vulkanberg ganz normal ist; vor 1933 Jahren, also 79 nach Chr. ereignete sich der letzte große Ausbruch, überraschte in seiner Explosivität dermaßen die Einwohner der Römischen Stadt Pompeji, dass diese teils wie Skulpturen unter der extrem heißen Asche erstarrten.

Die Stadt selbst wurde völlig vernichtet, und ist heute als Necropole als eines der markantesten Beispiele Vulkanischer Katastrophenszenarien weltweit, zu besichtigen.

Groß Eindruck aber, schien die Sache historisch allerdings nicht zu machen; gleich fahre ich ein in den Hafen des größten Ballungsraumes Italiens; 3,1 Mio. Einwohner drängeln sich hier vom Vesuv (der noch heute aktiv ist) bis zum anderen Ende der Neapolitanischen Bucht, in einem dichten Geflecht aus über 40 Städten, in deren Mitte Napoli liegt.
 
Italien -Region Kampanien-  (20.11.2014)

Italien177

Wieder tolle Aussichten: Tagelang gutes Wetter sagt die Vohersage und der Blick über’s Mittelmeer auf die Insel Capri, lässt daran kaum zweifeln.

Die Fähre von Cagliari nach Napoli braucht 13 Stunden für die 500 km auf ruhiger See.

Zum ersten mal überhaupt hatte ich ein Schiff mal ganz ohne den obligatorischen Biervorrat betreten, mit der Folge dass ich fast die komplette Zeit dort verpennt habe, - bin es ja vom Zelten aus schon gewöhnt extrem lang zu schlafen, und zudem gab es ja Nachts nichts zu sehen vom Meer…

Mir gehts aber gut, habe kein besonders dramatisches Verlangen nach einen “Belohnungstrunk”, ….ändern muss ich mich eh, sonst wird das alles nix mit einer Fettleber….

Es ist frisch hier draußen auf Deck, vielleicht 16 Grad aber viel Wind.

Süditalien, da kann es doch nie wirklich kalt werden, oder?


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