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Frankreich - Region Pays de la Loire -
(03.07.2014)

Allerliebsten Dank für diese wunderbare Zeit Alain.
Was wäre mein Wanderleben ohne solche Glücksengel wie dich?
Er macht mir dieses Erlebnis möglich hier das Land von ganz anderen Seiten zu erleben, weit jenseits vom Zelt im Wald, oder den Konservendosen auf der Parkbank.
Er ist angetan von meinem Vorhaben auf der “Via Terrestris” ein Leben lang auf Reisen zu bleiben, will mir helfen es möglich zu machen.
Toll das es solche Leute gibt wie Alain.
- Das hat er auch zu mir gesagt.

Also das habe ich mir schlimmer vorgestellt: Frosch in Kartoffelpüree auf Salatbett… zumindest übersetzt mir Alain das so und ich sage einfach, nimm ich …..
Was überrascht: Das Froschfleisch ist völlig zerfasert worden, sodass es erstmal garnicht als solches erkennbar ist. Ich dachte es mit offensichtlichen Froschchenkeln zu tun zu haben, doch hier im “La Cigale” ist es schon ganz raffiniert. Hmmm, schmeckt irgendwie zwischen Rind und Ente…. hat gut Biss ist aber nicht zäh. Also Frosch (?!)… finde ich ganz gut…

Wieder zurück in Nantes, zeigt mir Alain die Traditionsadresse Nr.1 der Stadt: Das “La Cigalle” (die Grille) was über 120 Jahre der Treffpunkt ist.
Mit unglaublich vielen Details macht es echt Spaß hier seinen Blick umherschweifen zu lassen; nie langweilen sich die Augen beim Betrachten.
Feine Kellner treffen hier auf sehr legeres Publikum; dennoch fehlt dieses “überfeine Feeling” Gottseidank, so dass ich mich hier einfach wohl fühlen kann.
Selbstverständlich ist das Essen hier sowas von Französisch… ich hoffe Alain erklärt mir die Speisekarte. Die verstehe ich trotz meiner langen Zeit in Frankreich, immer noch kaum …

Ohne weiteres komme ich auf das Dach des Mega - Bunkers, schaue weit über den eher langweiligen Industriehafen von St. Nazaire und höre Alain zu, der mir zu erzählen weiß, wie viele abertausende Tonnen Bomben der Amerikaner vergeblich versuchten, den meterdicken Beton zu sprengen… noch nicht einmal größere Einschläge sind zu endecken hier…. entweder die Amis hatten damals lediglich Chinaböller zum Einsatz gebracht, oder diese Festung ist tatsächlich unzerstörbar…

St. Nazaire (70.000 Einwohner / 60 km von Nantes entfernt) hat zumindest ein historisches Gemäuer zu bieten, wenn auch jüngerem Ursprungs; die Hafenbunkeranlage aus dem zweiten Weltkrieg, in sagenhafter Geschwindigkeit von der Deutschen Besatzung errichtet, ist heute das Wahrzeichen der Stadt.
Meterdicker Beton so weit man gucken kann lassen mir ein Gefühl der Beklemmung als auch Überforderung aufkommen, das Ganze hier zu fassen; einige hundert Meter dehnt sich dieses Betonungetüm, wie ich es noch nie in meinem Leben sah, aus …. Heute ist die Nutzung des grauen Kolosses wesentlich friedlicher; ein Museum, Läden und das Touristen-Info Büro finden hier -teils etwas verloren wirkend, ihren Platz. Viel Leere und ungenutzte Flächen inklusive… verständlich, ein lebendiges Kulturzentrum wird man die nächsten 5000 Jahre hieraus wohl nicht machen können …

Wieder ein neuer Tag, wieder Sonnenschein. Die Nacht verbrachte ich im Gästezimmer mit eigenem Bett. Alain lebt in einer großen Dienstwohnung in Nantes, da ist Platz genug.
Vormittags sind wir dann zu einem Ausflug nach St. Nazaire gestartet. 60 Kilometer mit dem Auto übers platte Land bis zur Hafenstadt mit ihrer speziellen Geschichte.
Komplett zerstört während des zweiten Weltkrieges verlor St. Nzaire nahezu alles an historischen Gebäuden. Die Deutsche Wehrmacht hielt den strategischen Hafen an Frankreichs Atlantikküste besetzt, was später zum Nachteil aller führte.
Heute ist der Industriehafen wieder einer der größten im Lande; eine zwei Kilometer lange Brücke fällt schon von weitem auf.
Außerdem rieche ich auch wieder das Meer… mmmhhh, Pinien und das Salz des Atlantik… Doch unten ist momentan nur Schlamm; bei Ebbe sieht es hier wie am Wattenmeer aus. Baden kann man nur bedingt.
(02.07.2014)

Wie gut es mir wieder tut, dieses Land ….
Alain ist ja ein Teil dieses Landes und er spendiert mir das Fischfilet “Tricolore” - dreifarbiges Wurzelgemüse (ganz zart und schmackhaft) im Zeichen der drei Farben von Frankreichs Flagge, mit einer so guten Kräuter-Weinsoße.
Dazu selbstverständlich einen samt-weichen Weißwein von der Loire ….
Gern würde ich jetzt irgendwas auf Französisch schreiben, doch bei aller Liebe, diese Sprache ist echt nicht einfach…. ich belasse es einfach mal beim Essen ….

Ein echt reichhaltiger Tag neigt sich dem Ende…. selbstverständlich ganz stilvoll an der Loire, dem geliebten Fluss, - Frankreichs längster, lädt mich Alain noch zum Essen ein… ein mir eigentlich nicht zugängliches Vergnügen, was natürlich auch sehr schade ist; somit bleibt mir meistens ein ganz, ganz wichtiger Bestandteil der Französischen Kultur verborgen, dem Essen. Ich sage ja immet wie teuer in diesem Land der kulinarische Zauber kommt… doch wäre ich nicht im Wanderleben wo ich Alain treffem einfach so? Der hat Zeit und zeigt mir gern seine Heimat. Hier an der Loire, etwas auswärts von der Innenstadt, reien sich einige Lokale. Hier gehts jetzt gaaanz Französisch zu Tisch….*freu*

Vor dem Brunnen in Nantes, wieder einem Wahrzeichen, sowie beliebter Treffpunkt in der Großstadt, freue ich mich nicht nur über’s tolle Wetter. Alain erzählt mir viel von seiner Stadt. Eigentlich sind wir hier in der Hauptstadt der Pays de la Loire, einer großen Region die aber eher administrativer Natur ist; Nantes und seine ländliche Umgebung waren (und sind) ein Teil der Bretagne, einer weiteren Region (und auch meine vorletzte von insgesamt allen 22 Regionen Frankreichs) die ich noch beschen werde. Doch so war es wohl ein zentralistischer Streich aus Paris, während der Regionalen Aufteilung vor einigen Jahrzehnten, die kulturell recht einheitliche Bretagne zu zerschneiden; die recht randlagige Hauptstadt regional auszulagern.
Komischerweise verlief die Sache ohne nennenswerte Proteste, wie gesagt ist die Bretagne schon seit langem ein integraler, wenn auch kulturell eigenständiger Bestandteil Frankreichs und besteht teils Reginalübergreifend zwischen der Pays de la Loire und der eigentlichen Region Bretagne, die weiter nordwestlich angrenzt.

Kunst überall.
Solche für sich “bedeutungslosen” Kunstwerke, sollen Spielraum im Geiste für eigene Ideen aufwerfen; dem “offenen Kunstwerk” gemäß, macht sich der Betrachter sein eigenes Bild und nimmt dem Künstler somit einiges an Arbeit ab …
Hier, in Nantes finde ich diese Konstruktion an sich schon toll… Sinn hin, Sinn her…. ich schaue hinein und überlege, schaue wieder und freue mich für was so eine Öffentlichkeit so alles Zeit hat, die Energie aufbringt sich mit Dinge zu befassen die so weit jenseits liegen wie das tägliche Überleben.
Wir müssen aufpassen in Europa, damit es auch so bleibt; so ein stacheliges Gebilde mahnt somit auch dazu kritisch zu sein, hinzugucken und zu kämpfen. Unser Wohlstand ist wesentlich unbewehrter als so manch Kunstwerke auf den Plätzen von Nantes …

So eine große, alte Stadt hat oft mehrere Wahrzeichen, wenn auch einige eben nicht so ganz beliebte, wie dieser Tour de Bretagne, dem “Turm der Bretagne”.
Damals, von Mitte der Sechziger bis Mitte der Siebzigerjahre, war es halt Mode solche Ästhetkatastrophalen Monoliten ins Stadtbild zu stampfen. Doch wie dem auch sei, es ist ein wesentlicher Bestandteil unserer architektonischen Stadtgeschichte, ein unübersehbarer Trend seiner Zeit.
Somit erfüllt auch eine gewisse Würde ein solcher “Antiästhet”, ja sogar dermaßen, dass die allumfassende Frage ” was ist schön und was nicht” schon wieder eine andere Perspektive erhält.
Jedenfalls finde ich es schonmal toll, dass die Aussichtsplattform da oben ganz kostenlos zu besuchen ist. Drei Symphatiepunkte schonmal für den grauen Klotz in Nantes.

Eine andere Perspektive aus 119 Metern Höhe; die Kathedrale von Nantes die eigentlich nur von hier oben in ihrer Gänze zu bewundern ist. Unten auf der Straße stehen überall Autos im Weg, zudem ist rund um den sakralen Großbau auch alles dicht Zugebaut. Schlechte Karten für eine fotografische Fassbarkeit im Großen.
Rechts davon erkenne ich komischerweise recht gedrungen das mächtige Stadtschloss, was von der Nähe als gewaltiger Komplex mit sechs Meter dicken Mauern fürchterlich beeindruckt; das “Chateau des Ducs de Bretagne” steht mir sogar offen, warum? Weil Alain es als Ehrensache sieht, mir den Eintritt zu zahlen und somit durch die fast unüberschaubaren Räume, Säle und Flure des heutzutage als Museum umfunktionierten Bollwerks, mein Wanderleben führt ….

Nantes von oben, auf dem Dach des “Tour de Bretagne” einem großen, alten Wolkenkratzer der wie ein monströser Fremdkörper schon seit 38 Jahren das Stadtbild seltsam entstellt.
Der größte Vorteil aber ist, die tolle Aussicht: von 119 Metern höhe sehen wir auf Nantes hinab, einer in Frankreich eher mittelmäßigen Großstadt mit 570.000 Einwohnern (inklusive angrenzender Vororte) die aber das Zentrum einer riesigen Region ist, mit Universitäten, Kulturleben, Krankenhäuser und einer langen historischen Vergangenheit als Bretonische Hauptstadt.
Ja, eigentlich bin ich hier schon in der Süd-Bretagne, dieser damals so kämpferischen Ecke der sich bildenden Französischen Nation.
Die Bretonen, zusammen mit den Corsen (auf der Insel Korsika) sind bis heute noch sehr unabhängig im eigenen Kulturempfinden, wobei die Nationale Integrität weit besser funktioniert als heute noch z.B. in Spanien (Baskenland, Katalonien) oder Großbritannien (Schottland).
Man fühlt sich (mittlerweile) völlig Französisch, pflegt aber noch den eigenen Dialekt, das Bretonische, welches oft in Museen oder auf Schautafeln in der Öffentlichkeit zu sehen ist.

Und da sind wir nun; Reisender und Gastfreundschaft haben sich gefunden. Alain erzählt mir auf sein “altes Deutsch”,wie er es selbst nennt, was man über Nantes wissen muss, wie er hier lebt und was es hier gab; viel Geschichte sowie sein eigenes Leben als Professor, als Student und Schüler, der einst die Deutsche Sprache erlernte. Lang ist’s her, doch die meisten Sätze fallen meinem über 60 Jährigen Gastgeber noch ein. Er sieht es als geistige Jungkur seinen alten Wortschatz wieder zu beleben.
Stööööhhn, lost in Nantes…. mein Gastgeber wohnt ja gar nicht in der Stadt, sondern ca 30 km außerhalb, in einem Dorf das Malville heißt. Da fährt aber kein Bus oder sonst was hin. Mein Gastgeber ist 28 Jahre alt und irgendwie komisch; wir chatten miteinander und er gibt mir kaum Info’s wie ich aus der Großstadt in sein Dorf komme. Stattdessen organisiert er eine Party für mich, lässt er mich wissen….
Währenddessen treffe ich bei meinen schweißtreibenden Streifzügen von Touristen-Info, zu sämtliche Bushaltestellen in der Innenstadt und einer Kneipe mit WiFi (die ich immer suchen muss) jemanden, der mich anspricht auf meine vielen Flaggenaufnäher am Rucksack.
Alain heißt der etwas ältere Mann und spricht sogar etwas Deutsch, ja und das hier in Nantes…tiefer in Frankreich drinn geht nicht.
Ich rege mich auf über die komplizierte Informationsbeschaffung (auch im Internet blicke ich bei den Fahrplänen oft nicht durch, erst recht auf Französisch nicht) und über meinen komischen Gastgeber der anstatt mir irgendwas nützliches mitzuteilen, die große Party organisiert.
Alain winkt mit dem Zaunpfahl; fragt ob es mir gut gehe und ich vielleicht nicht bei ihm “zur Ruhe finden” solle. Hmm, warum eigentlich nicht. Gerade solche Zufallsbegegnungen sind doch immer die besten, auch wenn man übers Internet so schön im voraus sein “Übernachtungsnetzwerk” vorbereiten kann. Alain muss aber noch weiter, er arbeitet und seine Pause ist bald vorbei. Wir verabreden uns für 17:00 Uhr an der Kathedrale von Nantes, den Party People maile ich meinen glücklichen Treffer, worauf der stinksauer mit einer gesalzenen Abfuhr reagiert; egal, meine Couch in Nantes habe ich ja jetzt sicher. - und das ohne die Nacht durchmachen zu müssen.

Angekommen in NANTES, der Regionalhauptstadt hier im Westen Frankreichs.
Orme hatte mich heute um 10 Uhr an der Straße vor der großen Autobahn, nahe seines Dorfes abgesetzt, 45 Minuten stand ich dann auf einem staubigen Parkplatz und machte als Tramper auf mich aufmerksam ….
Und zak, ich hatte es wieder geschafft; 110 Kilometer im Land mit der wohl teuersten Bahn zum Nulltarif. Mittlerweile kommt man mit Englisch sogar durch Frankreich ganz gut durch…. es versteht hier fast jeder, wenn auch nur etwas.
Nun schlendere ich durch Nantes, schwer beladen mit dem dicken Rucksack, bin noch mit den Gedanken bei Orme und dem alten Kloster… entspannt, trotz schwerer Last auf den Schultern, schlendere ich sogar fast unbeschwert durch diese Stadt im Sommertaumel, schaue den vielen gut aussehenden Menschen beim Schlemmen ihrer überteuerten Salate zu und freue mich, wie gut es uns doch allen in Europa geht ….
Für mich reichen die billigen Reisnudeln vom Asiaten-Imbiss, die sind mit sieben Euro ja hier fast schon gratis …
Doch bald ist’s vorbei mit dem Lotterleben, ich muss schauen wie ich nach Malville komme, einem Dorf außerhalb der Stadt wo ich heute eingeladen bin… welcher Bus? Wo ist die Touristen Info? Ich brauche einen Stadtplan… auf gehts …

Ja, ihr habt richtig gelesen: Blaue Kartoffeln …
Habe ich auch noch nie gesehen, und ein bischen fürchte ich diese nicht zu überleben heute Abend…. aber was soll ich bis Afrika warten mit dem exotischen Zeugs, hier in Frankreich gibt’s auch schon Sachen die komisch genug sind, oder?
(01.07.2014)

Wieder ist der Tisch reich gedeckt, wie hier bei Orme.
Teils rohe Sardinen (neben gut durchgebratenen) dazu blaue Kartoffeln (???) Bohnen und Salat aus dem üppigen Gemüsegarten vor der Tür, und natürlich guter Bordeaux.
Wieder bin ich ein kleiner Gott in Frankreich. Heute Abend in Oulmes …. weit im Westen, wo man fast schon den nahen Atlantik riechen kann.

In der Kirche der schiefen Säulen… wenn man genau hinschaut; die Kirche vom Kloster Saint Vincent steht aber fest und sicher, wenn auch optisch etwas verzogen. Aber was all die Jahrhunderte stand, steht wohl auch noch übermorgen.
Frankreich ist nach meinem Ermessn, das Land mit den wohl spannensten Kathedralen.

Wie viele Kreuzgänge ich seit dem großen Jakobsweg schon gegangen bin …?
Doch immer wieder ist es ein ganz individueller, so wie eben all diese Kathedralen und Kirchen landein, landaus…. hier in Saint Vincent lasse ich mich wieder treiben, vergesse mal das turbulente Wanderleben in diesen Gefilden wo es scheinbar keine Zeit zu geben scheint …..

Und da isser …. der recht Kamerascheue Orme, mein Gastgeber hier in der südlichen Pays de la Loire.
Wir kennen uns schon lang, wenn auch erst über Facebook seit meines Jakobsweges … doch wir hielten Kontakt und siehe da, meine “Via Terrestris” führt mich glatt durch seine Heimat …

Uralte Gemäuer, wie hier wo einst der Speisesaal vor und seit Jahrhunderten der Mönche gelegen war… 900 Jahre sind diese Fassaden alt… wie mikrig ich mir mal wieder vorkomme, - und das ist auch gut so… so eine große Welt um einen herum, hat doch auch was für sich.

Ein voller Tag heute, muss ich wohl sagen; Orme zeigt mir noch seinen Lieblingsplatz: Die Abtei Saint Vincent im Nachbardorf.
Ormes ist sehr Kulturbetont und historisch interessiert, was mir gefällt. Eine 900 Jahre alte Abtei inmitten einer Gartenähnlichen Großlandschaft, voller Blumen und Kräuter an einem malerischen Fluss gelegen, passt als authentischste Einführung zur Kultur der Pays de la Loire sowas von genial ….

Endlich mal auf einem der Strohballen tollen. Immer sehe ich sie, beim Blick durchs Fenster eines Autos oder Zuges in der weiten Landschaft vorbeischnellen.
Jetzt sage ich zu Orme: Stehenbleiben…da will ich jetzt drauf ….

Auch was bei uns ja “an den Bäumen wächst”. Fleischzucht, hier mal Enten, ist auch und ganz besonders in Frankreich verbreitet; zum Sterben ins Leben gerufen, wenn auch letztlich so lecker, Französisch zubereitet; rosa, zarte Entenbrust mit gutem Rotwein ….
Jaja, wenns den nur wirklich an den Bäumen wüchse …
Wenn ich könnte, wäre ich schon gestern Vegetarier geworden.

Na was ist das denn???
Nee, nicht in Afghanistan bin ich hier gelandet, sondern tief in Westfrankreich, wo Mohnfeldbau für die Pharmaindustrie betrieben wird.
Orme erzählt mir, dass Morphine daraus entstehen.
Naja, irgendwo muss sowas ja wachsen… ist mal was anderes …

Eine neue Region, ein neues Land: ich bin nun in der PAYS DE LA LOIRE, was übersetzt “Länder der Loire” heißt und ein Zusammenschluss der Provinzen längs ihres Unterlaufes zum Atlantik darstellt.
Die Loire ist der längste Fluss in Frankreich und bekannt für ihre Chateaus und Weißweine. Aber meistens ist die Gegend vom intensiven Feldbau geprägt, so weit das Auge reicht…. 32.000 Quadratkilometer ist dieses Land groß, so viel wie ganz Belgien, uns mit 3.6 Millionen Einwohnern so groß wie Berlin. Mit Nantes, Angers, und Le Mans gibt es hier gleich drei Großstädte, die sich weit übers endlose Ackerland verteilen.
Oh ja, die Pays de la Loire ist schon ein sehr Französisches Stückchen der “Grande Nation”, nicht so “gern” weit ab wie noch der Limousin, oder die Provence Cote Azur, oder die Insel Korsika…. hier bin ich wieder mittendrin, wenn auch eben anders; hier bin ich mittendrin eben an der Loire, einem der vielen Herzen Frankreichs …

Kurz hinter den Grenzen der neuen Region liegt Oulmes, ein 760 Einwohnerdorf, wo das allerdings baufällige Haus meines Gastgebers steht, - und das schon seit über 250 Jahren; ein typisch Französischer Landbau in dem mal riesengroße Familien einst lebten, in Zeiten wo nicht alle unbedingt in die Städte wollten, so wie heute, weshalb hier auf dem weiten, sanft gewellten Land Westfrankreichs noch so viele alte Landhäuser für ein “Appel und ein Ei” zu haben sind …
Verlassen und teils verfallen finden diese ehrwürdigen Massivbauten dann doch wieder einen verantwortungsvollen Besitzer mit reichlich Tatkraft, wie eben Orme, der hier seit 15 Jahren allein wohnt, viele Zimmer, einige Höfe und einen Parkähnlich großen Garten in Schuss hält.
Naja, was so mancher mit Anfang 60 sich so zumutet… nahezu jedes der vielen, großen Zimmer gleichen einer totalen Baustelle. Im welchen Jahrhundert er das noch alles fertig kriegen will, steht wahrlich in den Sternen über der Pays de la Loire geschrieben ….

Nochmal Impressionen vom Trampen ….
180 km lege ich mit Luke zurück, der hier inmitten im Nirgendwo Pause macht. Nantes? Noch nicht …aber bald …

Wieder auf “on the Road” mit dem Daumen im Wind…. Jean Luke hat mich außerhalb von Limoges abgesetzt, damit ich gleich passend auf der Route nach Nantes stehe…. den nächsten Ziel.
Doch nur 15 Minuten später stoppt schon bereits jemand; der 21 jährige Luke (gesprochen: Lük)
fährt gleich 180 km weit bis nach La Rochelle… das liegt zwar immer noch nicht nahe meines Zieles, aber immerhin dort wo Orme wohnt, einem alten Facebookfreund der mich schon lange dort bei meinen Abenteuern verfolgt.
Also fahre ich mit Luke bis Niort, weit, weit im flachen, unendlichen Ackerland der Westfranzösischen Ebenen gelegen, in dessen Stadtzentrum ein Cafe mit WiFi den spontanen Kontakt mit Orme schnell gelingen lässt.
Ich bin begeistert vor so viel Glück.
Orme holt mich dann aus Niort ab und fahren zu ihm aufs Land, ins Dorf Oulmes … hier angekommen finde ich mich in einem alten Bauernhaus wieder, überall Baustelle ….
Orme gibt mir WiFi und selbst gemachten Apfelsaft. Der Garten ist typisch Französisch, einfach riesig…. sooo viel Platz hier.
Frankreich…… du bist wieder so gut zu mir :-)

Und nochmal dieser unglaubliche Bahnhof von Limoges. (Ca 110 Jahre alt) Was für ein dolles Wahrzeichen; so manch einwohnerstarke Provinzstadt gerät leider recht schnell ins Vergessen mangels markanter Wahrzeichen. Doch dieses Limoges dürfte den wohl tollsten Turm eines Bahnhofes besitzen. Ich bin begeistert ...;
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