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                              ...Wanderleben...

                                         ... auf dem längsten Weg der Welt ...

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Stand:
25.11.2015

West Midland

West Midland01

England ( Birmingham )

Jaja, was ist denn nun fotogen in Birmingham ? Lang habe ich gesucht um diesen Platz im Zentrum zu finden, der einigermaßen bekannt ist. Die alte Kirche liegt unterhalb des “Bullring Centers”, einem hypermodernen Einkaufszentrum aus Stahl und Glass.

Heute an diesem Mittwoch, verlasse ich nun Birmingham,  zwar erst gegen Nachmittag nach Manchester, aber schaue auf echt spannende Tage zurück.

Ich danke John dafür, dass er mir seinen Arbeitsplatz, die Uni Birmingham zeigte; wohl die tollste Uni die ich jemals sah: vor hundert Jahren größtenteils errichtet und immer zeitgemäß ergänzt, fand ich eines der großartigsten Ensembles europäischer Baugeschichte vor; Viktorianische, sowie italienische Elemente, wie der grandiose, florentinische Urturm in der Mitte, machen einfach Spaß hier umherzuschauen. Wenn da nicht dieses permanent diesige Waschküchenwetter wäre,  was einen klaren Blick verhindert …

Bin ja nunmal in  England.

Jaja, England, wo alle hin wollen …. Schon im Hostel stellte ich fest, dass dort gut 90% der Gäste, Studenten auf Wohnungs- oder Jobsuche sind, während ich ja schon Aufsehen erregte als einziger “Traveler” mit meinem großen,  bunten Rucksack.

Überhaupt werden die billigen Hostels neuerdings fast vollständig in den großen Städten von Studenten belegt, und das nahezu dauerhaft; heute scheint es irgendwie schon zwingend vorgeschrieben zu sein, ständig an wechselnden Orten (Unis) zu studieren, mit der Folge ständig umherrrennende, nie wirklich sesshafte Studenten in all den Metropolen der Welt zu finden.

Während ich in meinen Landkarten stöberte, meine Schnupfnase kurierte, wuselten sie um mich herum im Hostel, die ständig gehetzten Studenten, ständig auf der Suche nach einem noch billigeren Zimmer, den günstigsten Handytarifen, den nächsten Job, und irgendwie dazwischen noch ein Billigticket nach Australien schnell, um dort noch eventuell ein Stipendium zu ergattern …. leiht mir die Bank noch das Geld? Fragt sich so mancher in der Schar hypermobilisierter Gejagter, die dem Wahn immer besserer Lebensläufe und internationalen Zeugnissen hinterherrennen.

Was für eine Welt, alles vermischt sich mit allem, Nottingham ist voller Chinesen, Pakistaner und Afrikaner überfluten Birmingham,  Studenten überall, aber nur nie Zuhause. Die Saudis schicken ihre überforderten Söhne auf die schicke Universität nach England, wo sie die dreifache Studiengebühr von gut 9000 Pfund je Semester berappen.

Ja wie macht ihr denn das alles, fragte ich eine Studentin im Hostel; viel höhere Mieten als in Deutschland, höhere Studiengebühren, höhere Lebenshaltungskosten,  aber keine höheren Durchschnittslöhne …

Sie versucht zu antworten,  liest noch hastig eine sms und sagt: Ich weiß es nicht,  ich weiß nicht wie es zu schaffen ist.

Aber bisher hat es einfach irgendwie funktioniert.

Ich packte meinen Rucksack und zog wieder los ins Wanderleben.

Immernoch in Birmingham, treffe ich nun meine lieben Gastgeber John und Olli, die mich für die nächsten zwei Tage hier beherbergen.

Mittlerweile gehts mir wieder deutlich besser,  nur die Nase bleibt ständig dicht, muss bittere Pillen schlucken,  komme aber zurecht.

Birmingham, Englands zweitgrößte Stadt die bei uns eher weniger bekannt ist, hat deutlich mehr zu bieten als ich dachte; hier fing damals die erste industrielle Revolution mit der Erfindung der Dampfmaschine an, Kanäle quer durch die große Stadt, länger als jene in Venedig, zeugen von einer großen Vergangenheit, die hier allgegenwärtig an alten, prunkvollen Industriegebäuden zu erahnen ist.

Englands gewaltiger Aufstieg im 19ten Jahrhundert hatte hier seinen Anfang genommen; zusammen mit Manchester wuchsen Birmingham zu einer echten Metropole heran; 2, 5 Millionen Menschen leben in und um die Stadt, die somit so groß wie Hamburg ist.

Auch große Phantasiewelten fanden hier ihren Anfang: John Ronald Tolkien, der Erfinder einer der berühmtesten Märchen unserer Zeit, dem Autor vom “Herr der Ringe” lebte hier und ließ sich in Birmingham inspirieren; John, ein Fan der Story, hatte mir empfohlen entlang des River Cole zu spazieren, jenem städtischen Erholungspfades, entlang des kleinen Flusses, mit weiten Wiesen und Bäume, wo die Idee von den Hobbits und Mittelerde, während den Spaziergängen Tolkins erfunden wurde. Irgendwann vor sechzig Jahren mal … und hier folgte ich dem Rat meines Gastgebers, und wandelte durch die Vorwelt des “Auenlandes” - wenn auch die Umgebung mittlerweile viel urbaner daherkommt …

Dennoch wirkt Birmingham alles in allem, eher Gesichtslos. Einfach nur riesengroß, ohne die markanten Punkte die man von solchen Metropolen ja gewöhnt ist.

Hier leben einfach nur viele Menschen im Moment, Menschen aus allen Ländern der ehemaligen Kolonien dieses - ehemals sehr großen Landes.

Das merke ich besonders hier, entlang der kilometerweiten Stratfordroad, dem “Klein Pakistan” wie es hier heißt, und tatsächlich finde ich mich hier mitten zwischen Basaren, Langbärtigen Männern in Lungis (eine Art Rock) und einem unglaublich exotisch, bunten Treiben wieder.

Hier tobt das Leben wie in Karachi oder Lahore, die einfachen Esslokale servieren scharfe Reisgerichte, für die ich keine drei Euro aufbringen muss.

Was für eine Erfahrung hier mitten im Herzen Englands ….

England / Coventry / Birmingham

Wie erwartet kann so eine Nacht, in verschwitzten Klamotten auf dem Boden eines Parks liegend, umgebend von pöbelnden Besoffenen, keine wirkliche Erholung sei ; diffuse Albträume tuen ihr Übriges.

Ich mache mir noch eine Flasche Bier auf, esse gut und putze mir sogar noch die Zähne.

Nach einer Stunde einigermaßen normalen Schlafes aber, muss ich fluchtartig meine Sachen zusammen kramen und nur noch laufen …. Regen hat eingesetzt und ich flüchte mich zu einem Toilettenhaus, wo ich dann die weiteren Stunden im Schutze des Überdaches ausharre, bis es wieder hell wird.

Irgendwann passiert das auch und ich stelle fest, welch Kräfte in mir so schlummern. Fühle mich eigentlich recht normal, bin zwar extrem abgekämpft, halte mich aber für “fit” genug, heute nach Birmingham aufzubrechen, Englands zweitgrößte Metropole, wo es garantiert Hostels gibt, deren Betten sicher keine 80 Pfund kosten …

So sei es auch, Birmingham liegt nur eine halbe Stunde von diesem schrecklichen Coventry entfernt, meine Recherche bei Mac Donalds (hier gibt es offenes WiFi) ist erfolgreich, in Hatters Hostel finde ich bald ein Bett im Zwölferraum, zwar für unverschämte 25 Pfund, aber ich kann jetzt einfach nicht anders.

Mittlerweile bin ich sogar noch krank geworden; eine Stirnhöhlenentzündung schreitet in riesen Schritten voran und droht mich nun total fertig zu machen.

Wieder kann ich nicht schlafen, aggressive Hustenattacken und extremer Schnupfen sorgen für viele wache Stunden im Hochbett gegen Nachmittag.

Ein Gang zur Apotheke mit wackeligen Beinen, durchschwitzten Klamotten und einem Blick der einem Zombie gleicht, schaffe ich auch noch.

Für die anschließende Nacht aber, kann ich ganze vier Stunden Schlaf verbuchen; kräftiges Nasenbluten sorgte Nachhaltig für weitere Aufregung und garantierter Nichterholung. Dazu ständig besetzte Toiletten, permanent (nacht)aktive Mitbewohner im Zimmer, und so weiter …

Sorry, aber leider habe ich nichts besseres zu erzählen im Moment. Am liebsten würde ich jetzt einfach kurz nach Hause fahren. .. aber schon bald geht’s mir wieder besser, so wie jetzt, wo ich nun an diesem Sonntag immer noch im Hostel sitze und mich kuriere. Einfach rumsitzen, gar nichts machen, versuchen zu schlafen. Die Tabletten wirken und morgen bin ich schon wieder eingeladen hier in Birmingham.

Auch gute Nachrichten finden sich wieder ein: Die Nacht von Sonntag auf Montag kostet komischerweise hier nur 12 Pfund … also nur 40% vom deutlich teureren “Wochenendtarif”.

Ja, machen die den hier alles was sie wollen …?

England / Coventry

Etwas benommen beobachte ich vom Bus aus die Stadt Coventry, die im Vergleich ziemlich schrullig daherkommt; überall alte, braune Ziegelhäuser, Pakistaner und Araber prägen mit ihren bunten, unsortiert aussehenden Geschäften die ganze Straße hinein in die Stadt. Dort im Zentrum erinnert mich die Umgebung an meine alte Heimat,  dem Ruhrgebiet.

Wie in Gelsenkirchen finde ich eine ganze Innenstadt im Baustiel der sechziger Jahre vor, nur das hier etwas mehr Müll rumliegt. Besoffene Polen pöbeln nebenan …

Aber ich fühle mich nicht unwohl hier, da in so einer Stadt sicherlich die Zimmer günstig sind. Wer will schon hierher ins Hotel, denke ich.
Doch logischerweise gibt es erstmal kaum Unterkünfte, lediglich ein Hotel für mindestens 80 Pfund fürs Zimmer, finde ich entkräftet vor. Ausgebucht. Und das über viele Tage.

Fast schon kriechend klappere ich zwei weitere Adressen, die ich zuvor im Internet fand, ab. Ohne Erfolg, das ABC Motel existiert wohl nicht mehr, genauso wenig eine weitere Adresse für Studenten, wo auch reguläre Personen eintritt haben … lediglich verwahrloste Hauseingänge, voller Zeitungspapier und Ketten an den Türgriffen, zeigen mir das dieser Tag zu einem völligen Desaster wird.

Nur mit unmenschlichen Mühen, treibe ich meinen ausgemergelten Leib zum anderen Ende der Innenstadt um eine letzte Adresse zu überprüfen.

Das Hyden Hotel existiert zumindest, ist aber trotz seiner 85 Pfund (100 Euro) teuren Zimmer auf Wochen ausgebucht, sagt mir ein wölfisch aussehender Inder an der Rezeption.

Ich stehe kurz vorm Kollaps.
 
Flehe den Mann an mir irgendwie zu helfen, eine Adresse zu finden wo ich heute Nacht  nur schlafen kann …

Und siehe da, wieder am anderen Ende der Stadt, diesmal aber einige Kilometer gibt es sogar ein Zimmer für 39 Pfund.

Das Taxi dorthin würde 10 Pound kosten, also  insgesamt immer noch billiger als hier.

…. Eine ganze halbe Stunde dauert aber das Prozedere, zwischendurch immer wieder verzögert wegen Hotelgäste die meinen Helfer blockieren.

Auf einmal aber sagt man mir, das Zimmer koste jetzt 59 Pfund. Ich willige ein, sage noch, eh keine Wahl zu haben.

Dann ruft er endlich das Taxi, ich frage nach dem endgültigen Gesamtpreis, bekomme einen Wust von Antworten, erzählt was von drei gebuchten Nächten …

Dem Umfallen nah, frage ich nochmals warum die Zimmerpreise immer höher werden,  warum auf einmal drei Nächte?

Ich flüchte.

Schnellen Schrittes sprinte ich in den gegenüberliegen, dunklen Park, laufe wie ein aufgescheuchtes Huhn zwischen Bäumen und gepflegten Rasen umher … mir ist klar geworden, dass der schmierige Typ an der Rezeption meine Not eiskalt ausnutzen wollte, um für seine “edle Zimmermann” eine satte Provision einzustreichen. Sein Spiel über die Zeit war zu eindeutig, und ganz zufällig der andere Gesprächspartner ebenfalls Inder; beide sprachen in Hindi und verhandelten den Wucherpreis für mich.

Ich kann nu  wirklich nicht mehr. Wollte ja sogar bezahlen,  aber selbst sowas funktioniert hier nicht wirklich.

Somit lande ich nun zum ersten man “auf der Straße”, lege mich neben einer Hecke auf den Rasen und versuche endlich, endlich zu schlafen ….

 

 

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