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London

Na wo bin ich den hier wohl?
Den kennt ja jeder: Den eigentlich langweiligen Uhrturm Big Ben im touristischen Herzen Londons.
Pünktlich zum Ende meiner Großbritannien Reise, zwingen mich körperliche Leiden in die falsche Richtung; ich muss kurz heim und mir eine O.P an den schlecht verheilten Zehen gefallen lassen. - Wo mich das Schicksal so hinführen mag ….
Und London tut mir doch noch gut; für nur schlappe 10 Pfund hier zentral ein Bett aufzutreiben, ist wirklich ein Glücksfall. Dazu kommen jetzt nach und nach auch noch Einladungen in mein Mail-Postkasten geflattert, also mit der Zeit scheint auch die dickste Nuss, in dem Fall nunmal London, jener Heuschreckenhauptstadt welche mit ihrer viralen Finanzindustrie einst die ganze Welt aufzufressen drohte, zu brechen.
Ich fühle mich einen Hauch von willkommen …
Um sieben dann, gegen Abend, treffe ich Stefan im Viktoria-Station, an Gleis fünf der zwar ein Landsmann ist, aber in London wohnt. Einen echten Engländer als Gastgeber, (oder noch exotischer - eine echte Engländerin) habe ich allerdings noch immer nicht finden können. seis drum, gleich schlendere ich durch den Hyde-Park und genieße meine letzten Momente hier in diesem großartigen Land. Ja, meine Zeit hier ist bald vorbei, schneller als ich vorher dachte; Wales zu besuchen, Südengland, sowie Cornwall und Land’s End, habe ich nicht schaffen können, zu bald kommt hier die Nasskalte Jahreszeit und zudem bin ich ja zu Weihnachten mit Edmond auf La Palma verabredet. Das liegt satte 3000 Kilometer von hier entfernt.
Klingt so als wäre das noch zu schaffen. Gerade noch so, wenn ich auf die Landkarten blicke, muss ich mich ganz schön beeilen: Bald in Frankreich steht dann die Bretagne auf dem Programm, danach die Region Pay de la Loire, Lomousin und die Stadt Toulouse.
Einladungen auf Höfen, Hotels und Wohnungen stehen schon, das Internet machts möglich. Doch was wäre wenn ich plötzlich krank werden?
…. Sowas kann man nicht einplanen, sowas kommt einfach und zak, es ist geschehen. …
Letzte Nacht habe ich es wieder gemerkt, mein altes Leid mit dem Zehen, welche ich mir im Sommeranfang in Luxemburg wund lief, sind dermaßen schlecht verheilt, das eine Operation notwendig ist; die Zehnägel sind fast komplett ins Fleisch gewachsen, und das tut jetzt mehr und mehr weh.
Soviel also zu den schlechten Nachrichten, die gute ist, dass ich jetzt erstmal die Lieben Daheim wiedersehe; London ist nicht weit und eine O.P hier vor Ort sehr umständlich. Da liegt eine Tagesfahrt im Euroliner (Überlandbus) wesentlich näher.
Schmerzenden Fußes bin ich dann also durch London gehumpelt und beschaffte mir das Ticket. Pause, auch wenn ich mich an sich topfit fühle.
Aber sicherlich heilt die Sache ganz fix wieder aus, und dann sehe ich zu dass ich ganz schnell wieder anknüpfe: Auf keinen Fall werde ich den Winter im Schnee und Eis verbringen …

Das durfte ich dann schon: Zuchiniernte auf der Krishnafarm nahe London.
Lololololondon…. willkommen, - oder eben nicht willkommen in der ungastfreundlichsten Stadt der Welt, … sofern man zumindest kein oder wenig Geld in der Tasche hat.
Tja, so hänge ich nun praktisch vor den Toren der Megastadt, nahe dem Vorort Watford auf diesem riesigen Anwesen.
Hare Krishna heißt es mal wieder, allerdings nicht so enthusiastisch wie einst, diesmal eher verhalten und still; zwar kann ich hier die kalten Nächte im Zelt verbringen und werde wieder mit Unmengen typischer Veggi-Kost a la Krishna versorgt, muss aber - was natürlich auch nicht falsch ist, doofe Handlangerjobs verrichten, um mir eben jenes zu verdienen.
Leider unterscheidet sich dieses Krishnazentrum erheblich von dem Schottischen, wo ich noch vor etlichen Wochen die halbe Farm abholzen durfte; hier ist nicht nur alles viel riesengrößer, sondern auch viel, viel professioneller.
Den erhofften Job als Baumfäller oder Heckenschneider (was ja mein “Skill”ist) habe ich hier bisher nicht finden können, trotz üppigen Baumbestandes und Parkanlagen vom gewaltigen Ausmaß.
Der Grund ist das es hier (nahe London) einfach unglaublich viel Geld gibt, mann bestellt einfach eine Fachfirma und zahlt viele tausend Pfund. Fertig.
So erblicke ich sauber gestutzte Bäume und Hecken, meterhoch … tja und meine Wenigkeit darf somit dann beim Unkrautzupfen mithelfen.
Dennoch bin ich begeistert von der Größe des Anwesens; gut 50 “Devotis” (Krishna-Gläubige in orangen Gewändern) leben direkt hier, meist 30 Freiwillige Farmarbeiter/rinnen sind ständig vor Ort und immer wieder zahlreiche Helfer wie ich: Unterkunft oder Zeltplatz + jede Menge gutes, indisches Essen für irgendwelche Lotterarbeiten.
Zudem macht der Verein noch satte Gewinne, die von jährlich 50.000 Besuchern, fast nur Inder aus London, die hier einen Hinduistischen Tempelraum inklusive Dutzender “heiliger” Kühe vorfinden und dafür ordentlich zahlen, den wohlgenährten Wiederkäuern bündelweise Kräuter zu kaufen, um diese zu verfüttern.
Sowas bringt dem gläubigen Hindu Glück.
Jaja, es ist schon ganz interessant hier, aber Lasmahagow war damals ganz anders, viel familiärer. Dort habe ich Freunde gefunden und wurde wirklich gebraucht.
Morgen aber gehts dann wieder weiter, endlich rein in dieses verdammte London, wo ich bis jetzt noch immer keinen Gastgeber für eine kostenlose Übernachtung fand … ja, ausgerechnet in dieser Stadt mit ihren 9.000.000 (neun Millionen) Einwohnern, von denen scheinbar niemand bereit ist mir seine Couch zu überlassen, just for one night …
London ist nunmal ein extrem hartes Pflaster; die meisten seiner Bewohner, teilen sich die kleinen Appartements um die wahnsinnigen Mieten zahlen zu können. Deshalb herrscht hier nicht nur ein gewaltiger Platzmangel, sondern auch chronischer Zeitmangel; die armen Londoner müssen pausenlos ran, oft zwei, drei Jobs machen um den immer schlimmer werdenden Mietwucher ihrer stolzen Stadt zu widerstehen; der schlägt sich nahezu in allem nieder: Hotels, Restaurants, Friseure, einfach alles muss an die völlig gewissenlosen Hauseigentümer zahlen, die sich mit ihren simplen Immobilien doof und dusselig verdienen. ….Verdienen ?
Doch komischerweise wollen alle in diese Stadt. London wächst und wächst; um eine Million Einwohner hat die Stadt in den letzten 12 Jahren zugelegt, und es geht immer noch weiter; halb Indien will nach London ziehen, halb Afrika aber auch und mittlerweile haben nicht wenige von denen auch noch genug Geld dafür.
Tja, aber auch der kleine Jens mit seinem dicken Rucksack will unbedingt in diese schreckliche Stadt, die garantiert nicht auf ihn wartet….
Somit versuche ich das Abenteuer London jetzt möglichst schmerzlos hinter mich zu bringen; ganz spießig habe ich nun gebucht, ein Hostelbett für 12 Pfund.
- Um mir eine ungemütliche Nacht im Hyde Park zu ersparen …
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